Bauchschmerz bei jungen Frauen: die vier häufigsten Ursachen
Bei Frauen im gebärfähigen Alter, die mit rechtsseitigem Bauchschmerz vorstellig werden, stehen gleich mehrere heikle Erkrankungen im Raum. Da sind schnelle, aber sorgsame Entscheidungen gefragt. Muss die Patientin in die Klinik? Oder kann man sie doch selbst behandeln?
Es ist eine Situation, die so oder ähnlich regelmässig in der Praxis vorkommt: Eine 23-jährige Patientin klagt über rechtsseitige Bauchschmerzen, die bereits 24 Stunden anhalten, dazu über Übelkeit und Diarrhö. «Bei dieser Konstellation sind mit Appendizitis, ektoper Schwangerschaft und Morbus Crohn zumindest drei brisante Diagnosen in Erwägung zu ziehen», schreiben die Autoren einer aktuellen Übersichtsarbeit im British Medical Journal (1).
Appendizitis
An erster Stelle steht die akute Appendizitis, die sich in der Regel klinisch diagnostizieren lässt. Typisch ist ein Bauchschmerz, der vom zentralen Abdomen in den rechten unteren Quadranten wandert und von der Patientin oft als stechend geschildert wird. Die Beschwerden verschlimmern sich bei bestimmten Bewegungen wie dem Fahren mit dem Auto über eine Bodenschwelle und können mit Nausea und Appetitlosigkeit verbunden sein. Die Körpertemperatur ist zu Beginn der Beschwerden meist normal, allenfalls leicht erhöht. Fieber (> 38,3 °C) weist auf eine fortgeschrittene Entzündung mit Perforation hin, kann aber auch Folge einer Pyelonephritis sein.
Als Zeichen der peritonealen Reizung fällt beim Blinddarmpatienten oft ein Loslassschmerz auf, sowie eine Klopfdolenz im rechten unteren Quadranten. Typisch ist zudem eine Druckempfindlichkeit am McBurney-Punkt. Dieser befindet sich zwischen den beiden lateralen Dritteln einer gedachten Verbindungslinie zwischen der rechten Spina iliaca anterior superior und dem Bauchnabel.
Gynäkologische Ursachen
Die wohl gefährlichste gynäkologische Ursache für peritoneale Reizung und Entzündung ist die rupturierte ektope Schwangerschaft. Sie kann innerhalb kurzer Zeit zu massivem Blutverlust mit kritischer Verschlechterung führen, die aufgrund der hohen Kompensationsfähigkeit mancher Frauen oft erst spät erkannt wird. Typische Warnzeichen sind plötzlich auftretende Schmerzen im Bauch- oder Beckenbereich, neu aufgetretene Synkopen und Schwindelanfälle sowie vaginale Hämorrhagien. Zu den Risikofaktoren zählen eine vorbekannte Extrauteringravidität und pelvine Entzündungen. Gefährdet sind insbesondere Frauen, die mit einem Intrauterinpessar verhüten oder im Beckenbereich operiert wurden.
Zum Ausschluss einer Schwangerschaft empfehlen die Autoren einen hCG-Schnelltest. Mit einer Rate zwischen 0,3 und 1,6 Prozent seien falsch-negative Resultate möglich, aber selten. Hämodynamisch instabile Patientinnen sollten notfallmässig gynäkologisch versorgt werden.
Ein weiterer Anlass für eine sofortige Laparoskopie ist die akute Ovarialtorsion. Denn diese ist mit einem Risiko für Ischämie und Unfruchtbarkeit verbunden. Anamnestisch bekannte Eierstockzysten stützen die Diagnose einer Stieldrehung. Betroffene klagen oft über kolikartige Schmerzen mit oder ohne Erbrechen. Ein schubförmig remittierender Verlauf ist möglich und erfordert die gynäkologische Abklärung.
Frauen mit inflammatorischer Erkrankung im Bereich des kleinen Beckens haben oft Fieber und vaginalen Ausfluss und berichten von einer vorangegangenen sexuell übertragbaren Erkrankung. Ein begleitender Tuboovarialabszess kann Sepsis und Peritonismus auslösen. Unkomplizierte Infektionen etwa durch Chlamydien oder Gonokokken können eventuell auch in der Hausarztpraxis antibiotisch behandelt werden.
Morbus Crohn
Als dritte wichtige Differenzialdiagnose nennen die Autoren den Morbus Crohn. Denn auch diese Erkrankung manifestiert sich nicht selten primär mit rechtsseitiger Abdominalgie. Zur klassischen Trias bei ileokolischem Befall gehören chronische schleimig-wässrige und meist unblutige Diarrhöen und Gewichtsverlust sowie intermittierende kolikartige Bauchschmerzen. Letztere treten häufig insbesondere nach Mahlzeiten auf.
Wichtige Hinweise auf einen Morbus Crohn geben extraintestinale Manifestationen wie orale Aphthen und kutane Veränderungen, beispielsweise ein Erythema nodosum. Glossitis und orale Ulzera zeugen von bereits eingetretener Malnutrition und Anämie. Man sollte zudem gezielt nach perianalen Symptomen und Veränderungen fragen. Bei der digitalen rektalen Untersuchung lassen sich möglicherweise Analfissuren, Ulzera, Abszesse oder Fisteln tasten.
Als seltenere Ursache für rechtsseitige Unterbauchschmerzen kommt eine infektiöse Ileitis in Betracht, ausgelöst beispielsweise durch Yersinien oder Mycobacterium tuberculosis. Bei Patientinnen mit Diarrhö ist neben Auslandsreisen auch der Verzehr unzureichend gegarter Fleischprodukte zu erfragen.
Referenz
- Borthwick M et al. Preliminary management of acute onset right sided abdominal pain in women. BMJ. 2022 Feb 8;376:e068020. doi: 10.1136/bmj-2021-068020.