Medical Tribune
24. Feb. 2022Erste Daten beruhigen

Verändert die Covid-19-Impfung die Menstruation?

Ob die Covid-19-Impfung eine Veränderung der Menstruation verursachen kann, ist noch nicht abschliessend geklärt. Auswertungen von Nebenwirkungsmeldungen und zwei Kohortenstudien zeigen aber beruhigende Ergebnisse.

Frau trägt Tage ihrer Menstruation in den Kalender ein
iStock/AndreyPopov

Viele Frauen machen sich Sorgen, dass sich eine Impfung gegen Covid-19 negativ auf ihre Fruchtbarkeit auswirken könnte. Hinzu beobachteten einige von ihnen, dass es nach Covid-19-Impfungen zu Veränderungen der Menstruation kam. Auf den sozialen Medien ist das Thema bereits seit Monaten sehr präsent. Bisher gab es jedoch noch kaum strukturierte Daten dazu (1).

Nun liegen die ersten Auswertungen aus Datenbanken zu Nebenwirkungsmeldungen sowie von zwei Kohortenstudien vor. Diese deuten darauf hin, dass die Covid-19-Impfung die Menstruation zwar geringfügig verschieben könnte, es aber keinen Anlass zur Sorge gibt.

Meldungen über veränderte Menstruation bei geimpften Patientinnen

Beim Meldesystem der britischen Arzneimittelzulassungsbehörde MHRA (Medicine and Healthcare Products Regulatory Agency) gingen mehr als 36.000 Meldungen über Menstruationsveränderungen nach einer Covid-19-Impfung ein. Ähnliches geschah auch im US-amerikanischen Meldesystem VAERS (Vaccine Adverse Event Reporting System).

Ein deutlicher Zusammenhang liess sich über diese reinen Nebenwirkungsmeldungen jedoch nicht feststellen. Schliesslich erheben die genannten Meldesysteme und Arzneimittelbehörden keine Vergleichsdaten von ungeimpften Personen. Darüber hinaus unterliegen Menstruationszyklen bekanntlich natürlichen Schwankungen, die auch hier der Grund für die Veränderungen sein könnten.

Zwei aktuelle Studien zeigen nur leichten Einfluss

In einer ersten Studie aus den USA haben Forscher bereits existierende Daten einer Zyklus-App auf Veränderungen untersucht (2). 3959 Amerikanerinnen protokollierten mindestens sechs aufeinanderfolgende Zyklen; 2403 von ihnen erhielten eine Impfung, der Rest diente als Kontrollgruppe. Das Ergebnis zeigt, dass die erste Impfdosis keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der folgenden Periode hatte. Die zweite Dosis war hingegen mit einer Verzögerung von 0,45 Tagen verbunden.

Am grössten war die Verzögerung bei 358 Frauen, welche beide Dosen des Impfstoffs im selben Zyklus erhalten hatten. Bei ihnen verzögerte sich die nächste Periode um 2,32 Tage. In dieser Gruppe kam es bei 10,6 Prozent zu einer Veränderung der Zykluslänge von mehr als acht Tagen, verglichen mit 4,3 Prozent in der ungeimpften Kohorte. Spannend war, dass sich die Zykluslängen in allen Gruppen nach maximal zwei Zyklen nach der Impfung wieder normalisierten.

Blutungen etwas stärker

Eine zweite Studie aus Norwegen inkludierte 5688 Frauen (3), die per Fragebogen beantworten sollten, ob in den Zyklen vor und nach jeder Impfdosis bestimmte Menstruationsveränderungen aufgetreten seien. 37,8 Prozent der Teilnehmerinnen gaben an, dass sie mindestens eine Veränderung auch in den Zyklen vor der Impfung beobachtet hatten. Am häufigsten gaben die Frauen eine verstärkte Blutung als Veränderung an (erste Dosis: relatives Risiko 1,9, zweite Dosis: 1,84).

Nach einer Impfung kann es daher zwar offenbar zu Veränderungen des Menstruationszyklus kommen, doch diese sind im Vergleich zu natürlichen Schwankungen gering, und bilden sich schnell zurück.

Es ist unklar, ob die in den Studien beobachteten Veränderungen auch auftreten, wenn die beiden Impfungen nicht im gleichen Zyklus verabreicht werden.

Mehr Forschung nötig, um Zusammenhänge zu verstehen und Patientinnen zu beraten

«Damit Patientinnen – und auch besonders gefährdete Patientinnen mit gynäkologischen Vorerkrankungen – künftig über Risiken und Vorteile der Impfung beraten werden können, müssen wir den genauen Mechanismus dieser Menstruationsveränderungen verstehen», schreibt Fortpflanzungsimmunologin Dr. Victoria Male vom Imperial College London in einem Editorial im British Medical Journal (1).

Grund für die verbreitete Sorge zu diesem Thema rührt von der Fehlinformation her, dass eine Covid-19-Impfung weibliche Unfruchtbarkeit verursachen könne. Das wurde bereits in einigen Studien widerlegt.

Die Daten stammen jedoch bislang lediglich aus den Zulassungsstudien für die Vakzine, in denen die Schwangerschaftsraten extrem niedrig waren, oder aus Beobachtungen von Fruchtbarkeitskliniken, die nicht unbedingt die breite Bevölkerung widerspiegeln.

Dr. Male wünscht sich daher bessere Studien, und den Miteinbezug von Daten zur Auswirkung einer Covid-19-Infektion auf die Fruchtbarkeit. Denn bereits jetzt gibt es Hinweise, dass eine Covid-Infektion die Spermienzahl und -qualität verringern könnte.

«Ein besseres Verständnis von den jeweiligen Effekten von Covid-19-Impfung und Infektion wird es uns ermöglichen, auch Patienten gut zu beraten, für die das ein Hauptbedenken ist.» Leider werde die Menstruations- und Reproduktionsgesundheit in der medizinischen Forschung wenig prioritär behandelt, obwohl ein grosses öffentliches Interesse daran bestehe, bemängelt Dr. Male.

Tolle Aufklärung zu Covid-19, Fruchtbarkeit und Schwangerschaft

Unter dem Namen @VikiLovesFACS twittert Dr. Victoria Male über alle Aspekte des neuartigen Virus und seinen Einfluss auf Fortpflanzung, Schwangerschaft und Stillen. Neue Studien findet sie sofort, und ordnet sie korrekt und verständlich ein.

Referenzen
  1. Male V. Menstruation and covid-19 vaccination. BMJ. 2022 Jan 26;376:o142. doi: 10.1136/bmj.o142. PMID: 35082132.
  2. Edelman A et al.  Association between menstrual cycle length and coronavirus disease 2019 (covid-19) vaccination: a US cohort. Obstet Gynecol2022. doi:10.1097/AOG.0000000000004695
  3. Tragostad L. Increased occurrence of menstrual disturbances in 18- to 30-year-old women after covid-19 vaccination. [Preprint.] doi:10.2139/ssrn.3998180