Bei Patienten mit Restless-Legs-Syndrom drei Fragen beantworten
Die Füsse still halten geht nicht, einschlafen oft auch nicht: Patienten mit Restless-Legs-Syndrom berichten über einen starken Bewegungsdrang in den Beinen, manchmal begleitet von unangenehmen Missempfindungen. Da die Störung recht häufig ist, sollten Hausärzte über die Behandlungsoptionen gut Bescheid wissen.
Etwa 1,5–2,7 % der Bevölkerung leiden mindestens zweimal pro Woche an Symptomen eines Restless-Legs-Syndroms (RLS), die so ausgeprägt sind, dass sie von den Patienten als Belastung empfunden werden, schreibt das Team um Michael Silber vom Mayo Clinic College of Medicine and Science in Rochester. Typisch für das RLS ist, dass die Unruhe in den Beinen in Ruhe auftritt, die Beschwerden abends und nachts zunehmen und dass Bewegung die Symptome lindert. Das RLS kann zu Ein- und Durchschlafstörungen führen, eine Depression auslösen und sogar das Suizidrisiko erhöhen.
Bei etwa der Hälfte der betroffenen Patienten kommt das RLS familiär gehäuft vor; es kann aber auch im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen auftreten (chronische Niereninsuffizienz, Eisenmangel) oder aber im Rahmen einer Schwangerschaft. Es gibt Hinweise, dass das RLS mit niedrigen intrazerebralen Eisenreserven assoziiert ist.
Hausärzte, die RLS-Patienten betreuen, sollten folgende Fragen beantworten:
Besteht ein Eisenmangel?
Eine orale Eisentherapie sollte bei einer Serum-Ferritinkonzentration ≤ 75 µg/l und bei einer Transferrinsättigung < 45 % begonnen werden. Die intravenöse Gabe von Eisen sollte man als Erstlinientherapie erwägen, wenn ein moderates oder schweres chronisch persistierendes oder refraktäres RLS besteht und der Ferritinwert zwischen 76 µg/l und 100 µg/l liegt.
Nimmt der Patient Arzneimittel ein, die ein RLS verursachen oder verschlimmern können?
Dazu zählen die meisten Antidepressiva, Neuroleptika, dopaminblockierende Antiemetika wie Metoclopramid und sedierende Antihistaminika.
Liegen andere Schlafstörungen vor, die das RLS verschlimmern könnten?
Insbesondere nach Symptomen einer obstruktiven Schlafapnoe sollte gefragt werden.
Ein intermittierendes RLS besteht, wenn die Symptome im Schnitt seltener als zweimal wöchentlich auftreten, diese aber so ausgeprägt sind, dass sie einer Behandlung bedürfen. Zunächst sollten nichtmedikamentöse Massnahmen ergriffen werden. Sinnvoll sind ein Verzicht auf Alkohol und Koffein sowie das Ausführen anregender Aktivitäten.
Zusätzlich hilft der intermittierende Einsatz folgender Medikamente:
- Carbidopa/Levodopa 25 mg / 100 mg (0,5 bis 1 Tablette). Die Medikation kann bei Bedarf, z.B. auch vor bestimmten Anlässen, bei denen die Beschwerden i.d.R. auftreten (längere Autofahrt, Theaterbesuch etc.), genommen werden. Problematisch ist, dass Levodopa bei einem Teil der Patienten zu einer Verschlechterung der RLS-Symptome (Augmentation) und zum Rebound am frühen Morgen führen kann.
- Schwache Opioide wie Codein oder Tramadol können vor dem Schlafengehen oder in der Nacht verabreicht werden.
- Der Einsatz von Benzodiazepinen oder Benzodiazepin-Agonisten kann erwogen werden.
Ein chronisch persistierendes RLS liegt vor, wenn die Symptome so häufig auftreten und so belastend sind, dass eine tägliche Behandlung gerechtfertigt ist. Die nichtmedikamentösen Massnahmen sind die gleichen wie beim intermittierenden RLS. Dopamin-Agonisten sind eine effektive Behandlungsoption beim RLS und wurden früher als Medikamente erster Wahl eingesetzt. Inzwischen ist jedoch bekannt, dass sie häufig zu einer Augmentation führen und das Risiko für Impulskontrollstörungen erhöhen. Daher empfehlen die Autoren folgendes Vorgehen:
- Einsatz von Alpha-2-Delta-Liganden (Gabapentin, Pregabalin) als Mittel erster Wahl.
- Ein Dopamin-Agonist sollte als initiale Therapie bevorzugt werden, wenn Faktoren wie Adipositas, aktuelle oder frühere moderate bis schwere Depression, Ganginstabilität oder respiratorische Insuffizienz vorliegen und Alpha-2-Delta-Liganden daher kontraindiziert sind.
- Ein Retardpräparat (Gabapentin-Enacarbil) sollte verwendet werden, wenn RLS-Symptome nachts und tagsüber vorliegen. Bei Kontraindikationen kommt das Rotigotin-Pflaster infrage.
- Falls Alpha-2-Delta-Liganden keine ausreichende Wirkung zeigen oder schlecht vertragen werden, sollte ein Dopamin-Agonist verordnet werden.
Von einem refraktären RLS spricht man, wenn die Beschwerden auf eine Monotherapie mit First-Line-Substanzen nicht angesprochen haben oder Nebenwirkungen aufgetreten sind. In diesem Fall kann eine Kombinationstherapie erwogen werden. Darüber hinaus sind Opioide in der Behandlung eines refraktären RLS hocheffektiv. Allerdings ist eine sorgfältige Auswahl der Patienten erforderlich, um das Risiko für einen Opioid-Missbrauch möglichst gering zu halten. Dr. Andrea Wülker
Silber MH et al. Mayo Clin Proc 2021; 96: 1921–1937.