Behandlungsoptionen bei der Vitiligo im Überblick
Eine Vitiligo zieht oft neugierige bis ablehnende Blicke auf sich, was viele Patienten stark belastet. Eine aktuelle Leitlinie fasst zusammen, wie man den Betroffenen am besten helfen kann.
Weltweit leiden etwa 0,5–1 % der Bevölkerung an einer Vitiligo. Dabei kommt es zu einer fortschreitenden Zerstörung von Melanozyten durch T-Zellen in den betroffenen Hautarealen. Klinisch äussert sich dies als helle (weisse), scharf begrenzte symptomlose Flecken, die je nach Subtyp der Erkrankung Haut und Schleimhäute in unterschiedlichem Ausmass befallen. Bei manchen Patienten kommt es ab und an zu Juckreiz.
Was Vitiligo-Patienten zusätzlich entlastet
- dermatokosmetische Produkte (Foundation, Concealer), medizinische Camouflage oder Selbstbräuner, um die hellen Hautflecken zu kaschieren
- Kontakt zu Selbsthilfeorganisationen
- psychotherapeutische Unterstützung
Keine kosmetische Störung, sondern eine Krankheit
Die Ursache der Pigmentstörung ist noch nicht vollständig geklärt. So sollen u.a. eine entsprechende genetische Veranlagung, Autoimmunphänomene, neurologische Faktoren und eine erhöhte Vulnerabilität der Melanozyten an der Entstehung beteiligt sein, schreiben die Autoren der S1-Leitlinie unter Federführung von Professor Dr. Markus Böhm von der Universitäts-Hautklinik Münster. Aufgrund der erheblichen psychosozialen Auswirkungen und der höheren Rate an autoimmunbedingten Komorbiditäten gilt die Vitiligo als Erkrankung und nicht als kosmetische Störung.
Die Vitiligo manifestiert sich meist im Alter zwischen 10 und 30 Jahren und betrifft beide Geschlechter gleichermassen. Etwa 5–16 % der Patienten weisen eine segmentale Vitiligo (SV) auf, während die Mehrheit eine nichtsegmentale Vitiligo (NSV) entwickelt (s. Kasten). Es kommen aber auch Misch- oder Sonderformen vor.
Im Normalfall reicht die klinische Beurteilung für die Diagnose, eine Biopsie ist nur in Einzelfällen zum Ausschluss anderer Hautkrankheitenerforderlich. Erfasst wird das Ausmass der Krankheit über verschiedene Scores und Indizes sowie ggf. klinische Marker wie das Koebner-Phänomen. Die Autoren raten zusätzlich zu einer Fotodokumentation der betroffenen Areale, um Krankheitsaktivität und Therapieansprechen objektiv zu dokumentieren. Bei sehr hellen Hauttypen mit schlecht erkennbaren Depigmentierungsherden kann der Einsatz von Woodlicht bei der Darstellung helfen. Weil Vitiligo-Patienten nicht selten Schilddrüsenerkrankungen aufweisen, sollten ausser dem TSH-Wert auch die Thyreoperoxidase- und Thyreoglobulin-Antikörper mindestens einmal jährlich bestimmt werden.
Als Topikum bei limitierter Vitiligo (< 3 % der Körperoberfläche) ausserhalb des Gesichts empfehlen die Experten Kortikosteroide (TCS) als erste Wahl (z.B. 1 x tägl. für drei Monate, dann zwei Wochen Pause), auch für Kinder. Allerdings gilt es, bei flächiger Therapie die systemische Aufnahme zu berücksichtigen.
Segmental oder nichtsegmental?
Die nichtsegmentale Vitiligo beginntoft bilateral symmetrisch und häufig um Mund und Augen. Typische Befallsstellen sind auch die Streckseiten der Extremitäten und Intertrigines, vermutlich durch die stärkere mechanische Belastung. Manchmal sind die Schleimhäute betroffen. Im Verlauf kann es zur Generalisierung bis hin zur kompletten Depigmentierung kommen. Die NSV ist häufig mit Autoimmunerkrankungen, insbesondere der Schilddrüse, und mit Alopecia areata assoziiert.
Die segmentale Vitiligo kann ein- oder mehrsegmental sein und beginnt oft früher als die NSV. Etwa die Hälfte der Betroffenen hat eine Poliosis (weisse Haarsträhne). Meist stagniert die Erkrankung innerhalb eines Jahres, Rezidive sind seltener.
Calcineurininhibitoren werden off label eingesetzt
Calcineurininhibitoren stellen eine ähnlich wirksame Alternative zu hochpotenten TCS dar. Sie können dort verabreicht werden, wo man unter TCS bei längerer Therapie Hautatrophien zu befürchten sind. Eine Zulassung besitzen die Calcineurininhibitoren allerdings für die Vitiligo nicht – ihr Einsatz erfolgt off label. Sie werden zweimal täglich auf die Haut aufgetragen. Ist die Haut repigmentiert, reduziert die fortgesetzte Therapie (zweimal wöchentlich) das Rezidivrisiko.
Phototherapien zählen laut den Leitlinien-Autoren zu den wichtigsten Behandlungsoptionen. Bei NSV-Patienten ist Schmalband-UVB die am besten untersuchte Therapie. Sessions zwei- bis dreimal wöchentlich sind indiziert bei generalisierter und auch bei aktiver, fortschreitender Vitiligo, um die Krankheitsaktivität zu stoppen. Eine Kombination mit TCS oder im Gesicht mit Calcineurininhibitoren verstärkt die Wirkung. Empfohlen wird eine Therapiedauer von 12–24 Monaten. Bleibt die erwünschte Wirkung aus, bricht man die Therapie spätestens nach sechs Monaten besser ab.
Laser verschont die gesunden Hautareale
Im Gegensatz zur Phototherapie ermöglichen gezielte Lichttherapien wie der 308-nm-Excimerlaser und die 308-nm-Excimerlampe, dass Hautstellen punktgenau behandelt werden können und gesunde Bereiche verschont bleiben. Sie kommen bei SV und NSV mit umschriebener Ausdehnung zum Einsatz. Die Leitlinien-Autoren empfehlen drei Sitzungen pro Woche mit etwa 100–600 mJ/cm² zu Beginn und ggf. Steigerung (minimale Erythemdosis) – ein früher Einsatz scheint sich positiv auf den Therapieerfolg auszuwirken. Auch im Excimer-Ansatz ist ein topischer Therapiepartner möglich.
Systemisch werden in einigen Fällen Steroide eingesetzt, empfohlen aber nur als Minipulstherapie (drei bis sechs Monate), um das Fortschreiten der Krankheit zu stoppen. Auch systemische Steroide können bei rasch progredienter NSV mit Schmalband-UVB kombiniert werden. Hoffnungen werden derzeit auf Afamelanotid-Hormonpräparate oder systemische und topische JAK-Inhibitoren gesetzt.
Chirurgische Eingriffe (z.B. Vollhaut- oder Spalthauttransplantation oder Zelltransplantation von Melanozyten) werden nur für eine therapieresistente und stabile – segmentale oder fokale – Vitiligo empfohlen und sollten sorgfältig abgewogen werden. Eine dauerhafte Depigmentierung der Haut mit irreversibler Zerstörung der Melanozyten ist nur in Ausnahmefällen ratsam.
S1-Leitlinie «Diagnostik und Therapie der Vitiligo», AWMF-Register-Nr. 013-093, www.awmf.org