Was die Prognose von Tumorpatienten nach ECMO beeinflusst
Kaum ein Viertel der Krebspatienten, die eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) benötigen, überlebt 60 Tage. Entgegen der Annahme vieler Kollegen finden sich die höchsten Mortalitätsraten bei jüngeren Erkrankten. Jenen, die eigentlich von einem ECMO-Anschluss profitieren sollten, hiess es am 127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (virtuell).
Von der erfreulichen Entwicklung der sich stetig verbessernden Prognose von Krebspatienten profitieren auch jene, die eine intensivmedizinische Betreuung brauchen. Bei ihnen scheint weniger die Prognose des Tumors über das unmittelbare Outcome zu entscheiden, als vielmehr die akute Erkrankung, die den Aufenthalt auf der Intensivstation notwendig macht, fasste Dr. Alexander Shimabukuro-Vornhagen, Intensivmediziner am Uniklinikum Köln, die Erkenntnisse aktueller Untersuchungen zusammen.
Vor diesem Hintergrund ergebe sich die Frage, ob man Krebspatienten unselektiert einer ECMO zukommen lassen sollte, Stichwort Übertherapie. Für eine zweifelsfreie Antwort fehlen allerdings grosse Studien. Die bisher umfangreichste Arbeit stammt aus der Feder von Professor Dr. Matthieu Schmidt, Hôpital La Pitié Salpêtrière, Paris, und Kollegen.1
Die Forscher hatten gut 200 Personen im mittleren Alter von 51 Jahren untersucht, allen voran immunsupprimierte Patienten, aber auch Erkrankte mit soliden Tumoren und hämatologischen Neoplasien. Lediglich 30 % von ihnen überlebten sechs Monate, wenn sie median 25 Tage extrakorporal beatmet worden waren.
Solide Malignitäten schnitten tendenziell etwas besser ab
Eine ähnliche Analyse mit Daten von insgesamt 297 Patienten führte eine Gruppe um Dr. Shimabukuro-Vornhagen durch, die sich gänzlich auf Personen mit hämatologischen und soliden Tumoren konzentriert hatte. Häufigster Grund für die intensivmedizinische Behandlung war, wie schon bei der französischen Analyse, ein respiratorisches Versagen. Die median 56-jährigen, mehrzahlig männlichen Teilnehmer wiesen im Mittel eine Lungenfunktion mit einer P/F-Ratio von 70,62 mmHG auf. Vor der ECMO waren die Patienten median zwei Tage intubiert worden.
Das Langzeitüberleben der Kohorte unterschied sich kaum von den Ergebnissen, welche die Kollegen aus Paris vorgelegt hatten: 26,8 % erreichten das 60-Tage-Gesamtüberleben. Patienten mit soliden Tumoren schnitten marginal besser ab als die mit hämatologischen (p = 0,048). «Wer die initiale Phase übersteht, hat eigentlich eine recht gute Chance auf ein Langzeitüberleben», sagte der Referent. Erklären lässt sich der Unterschied vordergründig durch vier Faktoren, für die man Assoziationen zu einem schlechteren Outcome finden konnte: progredienter Tumorstatus, Diagnosestellung unmittelbar vo ECMO-Start, Thrombozytopenie < 20 000 und erhöhte Laktatwerte.
Prognostisch auf das Überleben an der extrakorporalen Beatmung stachen schwere Blutungen heraus, deren Risiko massgeblich durch eine Tumortherapie binnen 30 Tagen vor Anschluss an die ECMO und damit unweigerlich auch durch eine Thrombozytopenie getriggert wurde. Ein Pneumothorax beeinflusste das Überleben dagegen nicht.
Bei diesen Faktoren sieht es nicht gut aus
- progredienter Tumorstatus
- Diagnosestellung unmittelbar vor ECMO-Start
- Thrombozytopenie mit Zahlen kleiner 20 000
- erhöhte Laktatwerte
Alter, Remissionsstatus und Therapieabstand relevant
Zu den weitere Variablen zählten neben Alter v.a. Remissionsstatus sowie Zeit zwischen der letzten Chemotherapie und ECMO-Anschluss.
In beiden Kohorten wiesen jüngere Patienten, die innerhalb von 30 Tagen vor der externen Beatmung eine Krebstherapie erhalten hatten, unter der ECMO die mit Abstand höchsten Mortalitätsraten auf. Also jene, «von denen die Ärzte dachten, dass sie von der Behandlung am meisten profitieren», resümierte der Intensivmediziner. Wie sich das Outcome dieser Kohorte im Vergleich zu Tumorpatienten ohne ECMO entwickelt, untersuchen sie gegenwärtig in der EFRAIM-Studie.
1. Schmidt M et al. Am J Respir Crit Care Med 2018; 197: 1297–1307; doi: 10.1164/rccm.201708-1761OC.
127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (virtuell)