Triptane und Topiramat halten menstruelle Migräne in Schach
Etwa jede vierte Migränikerin berichtet über besonders heftige Attacken rund um ihre Monatsblutung. Hilfe versprechen Kurzzeitprophylaxe und Akuttherapie.
Perimenstruelle Migräneattacken sind meist besonders schwer und lang dauernd. Das spricht dafür, dass andere oder zusätzliche Pathomechanismen zum Tragen kommen als bei der «gewöhnlichen» Migräne. Als auslösende Faktoren im Zusammenhang mit der Regelblutung wurden bislang lediglich der Östrogenentzug und die Prostaglandinfreisetzung identifiziert, berichten Dr. Kjersti Vetvik vom Akershus University Hospital im norwegischen Lørenskog und Dr. E. Anne MacGregor vom St. Bartholomew’s Hospital in London. Weibliche Geschlechtshormone können die Aktivität mehrerer Neurotransmittersysteme modulieren, die für die Schmerztransmission und -empfindung eine Rolle spielen, beschreiben die beiden Expertinnen. So beeinflusst Östrogen etwa das serotonerge System und verstärkt die Effekte des Glutamats, Progesteron erhöht die Aktivität der GABA*-Rezeptoren.
Reiner Zufall oder zyklusbedingt?
Mit den Kriterien der ICHD-3** lassen sich Frauen identifizieren, die ausschliesslich und regelmässig perimenstruelle Migräneattacken haben, also Anfälle zwei Tage vor Beginn der Monatsblutung bis drei Tage danach. Schwierig wird es, wenn die Patientin auch in der übrigen Zeit unter Migränekopfschmerz leidet. Dann könnte das Auftreten um den Menstruationsstart herum auch reiner Zufall sein. Besonders gross ist die Gefahr für eine solche Fehlinterpretation bei häufigen Attacken und chronischer Migräne.
Anhand longitudinaler Studien sollte nach Ansicht der Autorinnen der Verlauf der menstruellen Migräne von der Menarche bis zur Menopause genauer untersucht werden. Daten sprechen dafür, dass sich das Migränegeschehen in der Perimenopause verschlimmert und in der Postmenopause allmählich zur Ruhe kommt. Von Interesse wäre auch, welchen Einfluss eine Hormonersatztherapie hat oder die verschiedenen hormonellen Kontrazeptiva auf das Migränegeschehen haben.
Generell helfen die gängigen Akuttherapeutika, insbesondere Triptane, auch bei der perimenstruellen Migräne. Oft sind sie aber weniger effektiv als bei den nicht-menstruationsgebundenen Anfällen. Dabei dürfte die längere Dauer der zyklusbedingten Attacken eine zentrale Rolle spielen, meinen die beiden Expertinnen: Sobald die Wirkung des Triptans abklingt, kehren die Kopfschmerzen zurück. Wirkstoffe mit langer Halbwertszeit wie Frovatriptan scheinen Vorteile zu bieten. Frauen, die zusätzlich unter Dysmenorrhö leiden, profitieren von NSAR, alleine oder kombiniert mit Triptanen.
Tagebuch führen
Ein Kopfschmerz- und Menstruationstagebuch hilft, die Diagnose einer menstruellen Migräne abzusichern. Denn die betroffenen Frauen nehmen zum Teil übermässig häufig eine Assoziation ihrer Kopfschmerzen mit der Monatsblutung an, berichten Dr. Vetvik und Dr. MacGregor. Die Aufzeichnungen der Frauen sind ihrer Erfahrung nach enorm hilfreich für Diagnosestellung und Therapieentscheidung.
Auch Standardprophylaktika werden eingesetzt, obwohl es recht wenig spezifische Daten bei perimenstrueller Migräne gibt. Für die gezielte Prophylaxe dieser Form existiert keine zugelassene Medikation. Unter anderem haben sich aber Topiramat und der CGRP***-Rezeptorantagonist Erenumab auch bei den Attacken zu Beginn der Monatsblutung als vorbeugend wirksam erwiesen. In Studien wurden NSAR, Triptane und Östradiol eingesetzt. Der CGRP-Inhibitor Telcagepant hat ebenfalls gute Effekte gezeigt, wird wegen seiner Hepatotoxizität jedoch nicht weiter erforscht.
* Gamma-Aminobuttersäure
** International Classification of Headache Disorders, 3rd edition
*** Calcitonin Gene-Related Peptide
Vetvik KG, MacGregor EA. Lancet Neurol 2021;doi: 10.1016/S1474-4422(20)30482-8.