Frailty bringt COPD-Patienten frühen Tod
Nichts gefährdet das Leben von Patienten mit COPD so sehr wie Gebrechlichkeit. Eine flexible und individualisierte Reha dürfte das beste Mittel sein, sie gesünder und alltagstauglicher zu machen.
Ein Mensch gilt dann als gebrechlich, wenn bei ihm Verlust von Gewicht und Kraft (Griffstärke), langsame Gehgeschwindigkeit und reduzierte körperliche Aktivität bei schneller Erschöpfbarkeit vorliegen. COPD-Patienten sind durch die «Frailty» in besonderem Masse bedroht, da ihre Resilienz z.B. infolge von jahrelanger Tabak-Exposition und Exazerbationen mit unvollständiger Erholung der Lungenfunktion herabgesetzt ist erläuterte Professor Dr. Lies Lahousse, Universität Gent.
In einer Studie fand sich unter COPD-Kranken ein dreifach erhöhter Anteil gebrechlicher Patienten im Vergleich zu lungengesunden Altersgenossen. Die Rate steigt mit dem Schweregrad der COPD und erreicht im schweren Stadium 30 %. Das hat Konsequenzen für die pneumologische Betreuung: Die Betroffenen sind häufig nicht in der Lage, eine Spirometrie so zu absolvieren, dass auswertbare Ergebnisse resultieren.
Gemeinsame Risikofaktoren und Pathomechanismen
Dass COPD und Frailty so häufig Hand in Hand gehen, hängt damit zusammen, dass sie viele Risikofaktoren und Pathomechanismen teilen – neben Alter und Rauchen auch verstärkte Inflammation und endokrine Fehlfunktionen, die Anorexie, Osteo- und Sarkopenie begünstigen. Sie ziehen zudem Störungen von Immunfunktion, Kognition, Gerinnung und (Glukose-)Metabolismus nach sich.
Die belgische Kollegin konnte in einer über 2100 Teilnehmer umfassenden Kohorte der Rotterdam Study zeigen, dass Frailty zu den wichtigsten Prädiktoren des vorzeitigen Todes bei COPD zählt, weit vor Begleiterkrankungen, Lungenfunktion und Packungsjahren. Wer gebrechlich war, hatte ein vierfach erhöhtes Sterberisiko.
Dass Rehabilitation einen zentralen Beitrag leisten kann, um Frailty nicht nur zu verhindern, sondern die Uhr zurückzudrehen, erläuterte Dr. Matthew Maddocks vom King’s College London. In einer Studie absolvierten 816 ambulante Patienten mit stabiler COPD ein Reha-Programm, 574 schlossen es vollständig ab. 115 Teilnehmer galten anfangs als gebrechlich, nach der Reha traf dies auf fast zwei Drittel von ihnen nicht mehr zu. Verbessert hatten sich insbesondere Erschöpfbarkeit, Gehgeschwindigkeit und Aktivitätslevel. Auch pulmonale Parameter wie CAT- und MRC-Score, Belastungstoleranz und Dyspnoe hatten sich eindeutig positiv entwickelt. Der Wermutstropfen: Patienten mit Frailty hatten ein höheres Risiko, das Programm nicht abzuschliessen, sich während der Reha zu verschlechtern oder ins Spital zu müssen.
Hohes Mass an Flexibilität ist gefordert
In einer aktuellen Umfrage unter 19 amerikanischen Reha-Teilnehmern mit COPD und Frailty, von denen nur jeder zweite sein Programm wie vorgesehen absolviert hatte, schälten sich vier Punkte als besonders wichtig heraus.
- Die Patienten fühlten sich damit konfrontiert, Einbussen auf vielen Ebenen kompensieren zu müssen (z.B funktionelle Fähigkeiten, soziale Beziehungen, Selbstvertrauen).
- Zugleich sahen sie sich im Spannungsfeld zwischen Unterstützung, die oft genug nicht zu ihren Bedürfnissen passte, und dem Wunsch nach Unabhängigkeit.
- Insgesamt sahen die meisten die pneumologische Reha als Herausforderung an, die anzunehmen sich lohnt.
- Sie erlebten aber auch immer wieder unvorsehbare Unterbrüche des Programms, die bei einigen tatsächlich zum Abbruch führten.
Solche Widerstände und die individuellen Umstände jedes einzelnen – vor allem Komorbiditäten – erfordern ein hohes Mass an Flexibilität sowohl aufseiten der Patienten als auch des Reha-Teams, betonte Dr. Maddocks.
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