Drücken, cremen, veröden
Zur Therapie des Nasenblutens existieren vielfältige Möglichkeiten – von der Kompression bis zur Verödung. Fragt sich nur, was in der Praxis möglich ist, welche Gefahren lauern und wen man besser zum Spezialisten schicken sollte.
An erster Stelle steht bei der Epistaxis die Frage, ob Gefahr im Verzug ist. Kritisch sind z.B. starke Blutungen, die die Atemwege verlegen können oder hämodynamische Konsequenzen haben. Betroffene sollten notfallmässig im Spital abgeklärt werden. Bei leichteren Hämorrhagien ohne lebensbedrohliche Komplikationen spricht dagegen nichts gegen eine Behandlung beim Hausarzt, heisst es in der neuen amerikanischen Praxisleitlinie.
Rasch versorgt werden sollten Epistaxis-Patienten mit Komorbiditäten wie Hypertonie, kardiopulmonalen Erkrankungen, Anämie, Gerinnungsstörungen sowie Leber- und Nierenleiden. Verdächtig für eine verlängerte oder voluminöse Hämorrhagie sind beidseitige Blutungen aus der Nase oder Blutungen aus dem Mund. Gleiches gilt bei Hypovolämie-Zeichen (z.B. Tachykardie, orthostatische Hypotonie), schreibt das Autorenteam um Professor Dr. David E. Tunkel vom Johns Hopkins Hospital in Baltimore.
Fünf Minuten lang fest die Nase zuhalten
Bei aktivem Nasenbluten hilft oft schon eine Kompression des unteren Nasendrittels. Dabei drückt der Patient (oder der Arzt) die Nasenflügel mindestens fünf Minuten lang gegen das Septum. Als Alternative eignet sich ein Nasenclip. Wichtig ist die korrekte Kopfhaltung: leicht nach vorn gebeugt wie beim Schnüffeln. Falls die digitale Kompression nichts bewirkt, plädieren die Leitlinien-Autoren für eine Nasentamponade.
Nützlich ist diese auch, wenn sich die Blutungsquelle nicht identifizieren lässt. Patienten mit Gerinnungsstörungen oder unter der Therapie mit Antikoagulanzien bzw. Plättchenhemmern (ausser niedrig dosiertem ASS) erhalten Tamponaden aus resorbierbarem Material. So sollen Rezidive beim Entfernen vermieden werden.
Sicherheitshalber wird empfohlen, Risikofaktoren für vermehrtes oder schweres Nasenbluten (s. Kasten) zu dokumentieren. Dazu zählt die Anwendung von Antikoagulanzien, Plättchenhemmern und Nasensprays, vor allem mit Glukokortikoiden. Für eine kausale Rolle der Hypertonie fehlt dagegen die Evidenz. Eine Kontrolle des Blutdrucks ist dennoch sinnvoll, eine routinemässige Absenkung nicht.
Die Blutungsquelle lässt sich oft schon mit der vorderen Rhinoskopie lokalisieren. Allerdings müssen etwaige Koagel vorher mit Ansaugen oder vorsichtigem Schnäuzen entfernt werden. Dann kann man das vordere Septum (Deviation, Perforation) ebenso beurteilen wie untere und mittlere Nasenmuscheln, Nasenboden und anteriore Schleimhaut. Die nasale Endoskopie bleibt Spezialisten vorbehalten.
Lokale Massnahmen auch bei Antikoagulierten
Die therapeutischen Optionen reichen von pflegenden Nasencremes über topische Vasokonstriktoren bis zur Kauterisation. Etwa 65–75 % der Hämorrhagien lassen sich mit Sympathomimetika wie Oxymetazolin stoppen. Bei Patienten mit Bluthochdruck oder kardiovaskulären Erkrankungen ist hier allerdings Vorsicht geboten. Pflegende Externa können zwar keine Blutung stillen, eignen sich aber zur Rezidivprophylaxe. Die (chemische oder elektrische) Verätzung sorgt meist für eine rasche und oft auch anhaltende Blutstillung. Ligatur und Embolisation bleiben Patienten vorbehalten, die auf eine Tamponade oder Kauterisation ungenügend ansprechen.
Besondere Beachtung erfordern Patienten, die Antikoagulanzien oder Plättchenhemmer einnehmen. Sie verlieren oft viel Blut und neigen zu Rezidiven. Dennoch wird für sie primär die übliche Lokalbehandlung empfohlen. Dazu zählt die nasale Kompression ebenso wie die Gabe von Vasokonstriktoren und die Kauterisation, bei Bedarf wird auch eine Tamponade gelegt. Antidots und Plättchentransfusionen bleiben Patienten mit schweren Blutungen vorbehalten.
Bei Patienten mit rezidivierendem bilateralem Nasenbluten empfiehlt es sich, an eine hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie zu denken. Diese autosomal-dominant vererbte Krankheit führt zu Teleangiektasien, die sich oft auch an Lippen, Fingern und in der Mundhöhle bilden.
Sinnvoll ist gerade bei wiederholter Epistaxis eine Unterweisung hinsichtlich Selbsttherapie. Bei einer Blutung sollte sich der Patient leicht nach vorne beugen und den weichen Teil der Nase mindestens fünf Minuten zusammendrücken. Wird die Blutung weniger, empfiehlt es sich, noch so lange weiterzudrücken, bis insgesamt 15 Minuten vergangen sind. Wenn das nicht genügt, werden abschwellende Externa empfohlen. Sie sollten aber erst eingesetzt werden, wenn die Koagel "ausgeschnäuzt" wurden. Falls es trotz Selbstbehandlung weiter blutet, ist ärztliche Hilfe angezeigt.
Risikofaktoren für Epistaxis
- Nasen- oder Nebenhöhlen-Operation in der Anamnese
- Nasen- oder Gesichtsverletzung
- Sauerstoffapplikation mit Nasensonde
- CPAP-Beatmung
- Intranasale Therapie oder Drogenkonsum
- Antikoagulanzien und/oder Plättchenhemmer
- Blutungsstörungen (Eigen- oder Familienanamnese)
- Chronische Leber- oder Nierenerkrankungen
Tunkel DE et al. Otolaryngol Head Neck Surg 2020; 162: S1–S38.