Medical Tribune
14. Juni 2019Smartwatch als Screening-Werkzeug

Vorhofflimmern am Handgelenk

Patienten bringen längst die Vitalparameter von Fitnessarmbändern mit in die Praxis. Diese Daten könnte man durchaus zur Früherkennung nutzen. Um Vorhofflimmern zu detektieren, wagt Apple nun einen Vorstoss in die Studienwelt.

Es ist nicht die erste Untersuchung, in der eine Art Vorhofflimmer-Massenscreening via Smartwatch getestet wird. Statt des zuvor genutzten Echtzeit-EKG dient in der laufenden Apple Heart Study aber die Pulskurve als Richtschnur.1 Bis Juli 2018 haben sich etwa 419 000 US-Bürger ab 22 Jahre online für die Studie registriert. Die Teilnehmerliste beschränkt sich auf Besitzer eines iPhones und einer Apple Watch. Letztere erkennt über einen Sensor Unregelmässigkeiten in der Herzfrequenz (Photoplethysmografie).

Erste Zwischenergebnisse wurden auf dem diesjährigen ACC*-Kongress präsentiert. Bei insgesamt ca. 2100 Probanden (0,5 %) poppte eine Nachricht auf dem iPhone-Display auf, dass der Sensor etwas Auffälliges erkannt hat. Gemäss Protokoll passierte nun Folgendes: Über eine App konnten die Teilnehmer mit einem Arzt reden und bekamen falls nötig einen EKG-Patch zugeschickt. Diesen trugen sie bis zu sieben Tage.

Bei gleichzeitig angelegtem EKG ergab sich für die Smartwatch-Benachrichtigung ein positiver prädiktiver Wert von 84 %. Das heisst, mehr als vier von fünf Personen mit einer Arrhythmie in der Photoplethysmographie hatten auch ein Vorhofflimmern im ambulanten Elektrokardiogramm. Den Studienautoren zufolge zeigen die vorläufigen Resultate, wie gut diese moderne Technik längere Flimmerepisoden erkennt.

Experten der European Heart Rhythm Association reagieren verhalten.2 Einzelne Bedenken reichen von Datenschutzlücken bis hin zu Angst schürenden falsch positiven Sensor-Befunden. Zudem sei die Konsequenz für junge Leute, deren Untersuchung tatsächlich ein Vorhofflimmern zutage bringt, unklar.

Ersetzen könne eine Smartwatch die Standarddiagnostik nicht, meinte Professor Dr. Thorsten Lewalter­, Internistisches Klinikum München Süd. Am Cardio Update der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie räumte er jedoch ein, dass «wir uns mit dieser neuen Welt anfreunden müssen».3 Den EKG-Eifer digitalophiler Patienten solle man also nicht bremsen, sondern fördern.

*American College of Cardiology
Referenzen:

  1. Pressemitteilung des American College of Cardiology
  2. Pressemitteilung der European Society of Cardiology
  3. 14. DGK-Kardiologie-Update-Seminar