«Regelschmerzen sind nicht die Regel»
Wenn die Periodenblutung Schmerzen verursacht, dann verbirgt sich dahinter meist mehr als nur eine schmerzende Gebärmutter. «Mit Übelkeit, Kopfschmerzen, Hitzewallungen, schweren Beinen, Durchfall und anderen Problemen ist die Liste der Symptome ebenso lang und vielseitig wie beim prämenstruellen Syndrom», sagte Dr. Widmer. Auch lassen sich längst nicht alle Beschwerden mit der vermehrten Prostaglandin-Ausschüttung des Endometriums erklären.
In der Schweiz sind eine Million Frauen betroffen
Menstruationsbeschwerden sind häufig: 60 % der Frauen im gebärfähigen Alter leiden regelmässig an einer schmerzhaften Menstruationsblutung – hochgerechnet also eine Million Frauen in der Schweiz. Ungefähr die Hälfte dieser Frauen leidet zusätzlich an einem prämenstruellen Syndrom. «Viele Patientinnen, denen die Tage Beschwerden verursachen, haben zudem starke bis sehr starke Schmerzen», sagte die Referentin. In einer von ihr durchgeführten Studie mit rund 130 Dysmenorrhoe-Patientinnen gaben die Frauen an, auf einer Skala von 0 bis 10 (0 = keine Schmerzen, 10 = unerträgliche Schmerzen) Regelschmerzen in einer Stärke von bis zu 7 bis 9 zu haben.
Nach der Umfrage von Dr. Widmer helfen den Frauen am meisten Wärme sowie Liegen und Ruhen. Erst danach kommen Massnahmen wie Kräutertee, Phytotherapie und Analgetika. «Die Antworten der Patientinnen insbesondere hinsichtlich der Stärke der Schmerzen und der Massnahmen, die ihnen am meisten helfen, sind für mich ein Argument, Frauen mit sehr starken Periodenschmerzen auch einmal von Arbeit und Schule freizustellen», erklärte Dr. Widmer.
Für die Praxis sei es wichtig, proaktiv nach Dysmenorrhoe zu fragen und, wenn eine Frau Menstruationsbeschwerden hat, ihr eine Therapie anzubieten und sie bei Bedarf auch nach zwei Monaten zur Therapiekontrolle wieder einzubestellen. «Das proaktive Vorgehen ist wichtig, weil viele Frauen die Menstruationsbeschwerden nach wie vor einfach hinnehmen», erklärte die Expertin. Selbst viele Gynäkologinnen hätten durch ihre Sozialisation noch verinnerlicht, gewisse Regelschmerzen seien normal. «Doch Regelschmerzen sind nicht die Regel», betonte Dr. Widmer.
Einen grossen Stellenwert in der Behandlung von Menstruationsbeschwerden hat die Phytotherapie. «Zur Verfügung stehen mehrere bekannte und bewährte Pflanzen, die wir in der Praxis lediglich einsetzen müssen», so die Expertin.
Phytotherapie ins Gesamtkonzept einbetten
Eine dieser Heilpflanzen ist der Mönchspfeffer. Dieser wird in der Regel beim prämenstruellen Syndrom in der zweiten Zyklushälfte bis zum Einsetzen der Monatsblutung verordnet. Bei Frauen, die unter PMS und Menstruationsbeschwerden leiden, kann Vitex agnus-castus jedoch problemlos durch die Periodenblutung hindurch oder notfalls auch während des ganzen Zyklus gegeben werden.
Bei Regelschmerzen bewährt haben sich auch Kamille und Frauenmantel sowie die klassischen Spasmolytika wie Schafgarbe und Gänsefingerkraut. Wirksam sind darüber hinaus auch «Mens-Tees» mit Kräutermischungen. Selbst verordnet Dr. Widmer häufig eine Mischung mit Mönchspfeffer, Frauenmantel und Schafgarbe und ergänzt diese bei Frauen mit starken Menstruationsblutungen noch mit Pflanzen, die blutstillende Eigenschaften haben, wie etwa Hirtentäschel, Blutwurz oder Zaubernuss. Bei Regelschmerzen versprechen zudem Kräuterpflaster und Einreibungen mit Muskatellersalbei in Öl Linderung sowie bei Frauen, die noch nicht bluten oder nur wenig bluten, auch Zäpfchen mit Bischofskraut.
«Wichtig ist, die Phytotherapie in einem Gesamtkonzept mit Wärme und Ruhe und bei Bedarf auch mit einem Analgetikum sowie mit Yoga und anderen Massnahmen einzubetten», führte Dr. Widmer aus. Denn bei Dysmenorrhoe genüge es erfahrungsgemäss nicht, nur ein pflanzliches Präparat zu verschreiben.