Signifikante Sehverbesserungen bei erblindeten Menschen
Basel – Nun berichtet ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Hendrik Scholl, dem neuen Chefarzt der Augenklinik des Universitätsspitals Basel, von Fortschritten in der Therapieentwicklung und von einem Durchbruch in der Behandlung von Blindheit.
Aktuell sind Mutationen in 256 Genen bekannt, die zu unbehandelbaren Erkrankungen der Netzhaut führen können. Hauptmerkmal von solchen Netzhautdegenerationen ist der fortschreitende Verlust von Nervenzellen im Auge. Netzhautdegenerationen sind in Mitteleuropa im Segment der 20- bis 60-Jährigen die häufigste Erblindungsursache. Jetzt weist ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Hendrik Scholl, Chefarzt Augenklinik des Universitätsspitals Basel, auf einen Durchbruch in der Therapie von erblichen Netzhautdegenerationen hin.
In einem Übersichtsartikel, der soeben in der renommierten Fachzeitschrift «Science Translational Medicine» publiziert wurde, wird der aktuelle Forschungsstand zusammengefasst – und dieser ist an einen spektakulären Punkt gelangt: Bei erblindeten Patientinnen und Patienten konnten nämlich signifikante Sehverbesserungen erzielt werden. Es wurde gezeigt, dass sich dank der genauen Kenntnis der molekularen Mechanismen das Sehpigment pharmakologisch wieder herstellen lässt. Das entsprechende Medikament (Zuretinol Acetate) wurde in einer ersten Phase bereits erfolgreich getestet. Nun wird die Wirkung in einer weltweiten Phase 3-Studie unter der Leitung von Prof. Scholl weiter erforscht.
Gentherapie bei Netzhauterkrankungen
Ebenso beachtlich ist die Erkenntnis, dass ein defektes Gen in der Netzhaut ersetzt werden kann, indem virale Träger die überlebenden Zellen mit einem gesunden Gen versorgen. Solche Gentherapien sind bereits mehrfach erfolgreich bei Netzhauterkrankungen angewandt worden. Damit solche Therapien breiteren Einsatz erfahren, müssen entsprechende Therapeutika direkt in den Glaskörper des Auges gespritzt werden. Hierbei sind wesentliche Fortschritte erzielt worden.
Eine völlig neuartige Therapiemethode hat auch Prof. Botond Roska vom mit der Universität Basel assoziierten Friedrich Miescher Institut entwickelt. Er hat es geschafft, nicht-lichtempfindliche Zellen mittels Optogenetik lichtempfindlich zu machen. Dafür wird ein so genanntes Photoswitch-Gen über einen viralen Träger in den Glaskörperraum gespritzt. Diese Therapie wäre für Menschen, die praktisch keine Lichtempfindung mehr haben, ein wahrer Lichtblick. Um die Methode weiterzuentwickeln, wird demnächst eine Phase 1-Studie mit Patientinnen und Patienten gestartet.
Prof. Scholl berichtet in seinem Artikel nicht nur über Erfolge in der Gen-, sondern auch in der Stammzelltherapie. Solche Fortschritte wurden möglich, weil sich die Netzhaut mit neuen bildgebenden Methoden etwa 100-fach besser aufgelöst darstellen lässt als beispielsweise mit einer Magnetresonanztomografie (MRT) oder einer Computertomografie (CT). Damit lassen sich Zellen, die Lichtsignale in elektrische Signale umwandeln, neuerdings am lebenden Menschen einzeln darstellen. Auf diese Weise können neueste Therapieentwicklungen der Gen- und Stammzelltherapie speziell am Auge getestet werden.