Medical Tribune
7. Nov. 2013

GFR ermitteln: Ist Cystatin C dem Klassiker Kreatinin überlegen?

Da sich die glomeruläre Filtrationsrate als Mass für die Nierenfunktion nur schwer direkt messen lässt, ist man auf endogene Marker wie das Kreatinin angewiesen. Diese Substanz wird normalerweise in den Nieren filtriert und mit dem Urin ausgeschieden. Aus der Serumkonzentration lässt sich mithilfe einer Formel die GFR berechnen.

Chronisch Kranke haben oft falsch niedriges Kreatinin

Doch Kreatinin hat einige Schwachpunkte: Die Konzentration des Markers wird unter anderem auch durch niedrige Muskelmasse oder Eiweisszufuhr beeinflusst und kann somit vor allem bei älteren kachektischen Menschen, chronisch Kranken oder auch Vegetariern zu falsch niedrigen Werten führen.

Demgegenüber hat Cystatin C den Vorteil, dass es im Körper in sehr konstanter Menge synthetisiert und sezerniert wird – der Wert ist somit weitgehend unabhängig von äusseren Einflussfaktoren. Ob sich dies auch klinisch positiv auswirkt, untersuchten nun Dr. Michael G. 
Shlipak vom San Francisco Veterans Affairs Medical Center und Kollegen in einer Metaanalyse.

Ausgewertet wurden elf bevölkerungsbasierte Studien und fünf Untersuchungen, an der Patienten mit eingeschränkter Nierenfunk­tion teilgenommen hatten. In den bevölkerungsbasierten Screeningstudien konnten mit der Cystatin-C-Bestimmung deutlich mehr Patienten mit einer eGFR unter 60 ml/min/1,73 m2 Körperoberfläche ermittelt werden (13,7 vs. 9,7 %).

Cystatin C verbessert Prognose-Abschätzung

42 % der Patienten, die eine kreatininbasierte GFR von 45–59 ml/min/1,73 m2 aufwiesen, wurden aufgrund der Cystatin-C-
Bestimmung einem anderen, überwiegend günstigeren Stadium (> 60 ml/min/1,73 m2) zugeordnet. Damit verbunden war hinsichtlich des Mortalitätsrisikos (gesamt) eine relative Reduktion von 34 % im Vergleich zu den Personen, bei denen sich das Stadium nicht änderte.

Eine Einordnung in höhere Stadien der Niereninsuffizienz war im Gegenzug mit einer erhöhten Mortalität verbunden. Ähnliches zeigte sich auch für die Rate von terminaler Niereninsuffizienz und für die Kollektive mit bereits vorhandener Niereninsuffizienz. Die Autoren schliessen daraus, dass die Cystatin-C-Bestimmung – ob allein oder zusammen mit Kreatinin – die Prognoseabschätzung hinsichtlich Mortalität und terminalem Nierenversagen verbessert.

Quelle: 1. Michael G. Shlipak et al., N Engl J Med 2013; 369: 932-943