Bei Nasenbluten nach ASS fragen!
Wie es um Genese und Behandlung der Epistaxis bestellt ist, untersuchten Dr. Michael B. Soyka und seine Kollegen vom Universitätsspital Zürich in einer prospektiven Studie. Berücksichtigt wurden mehr als 600 Patienten, die sich in der dortigen HNO-Klinik behandeln liessen.
Viele Laien (und auch Ärzte) halten die "akute" Hypertonie für einen der wichtigsten Risikofaktoren. Dies konnten die Schweizer HNO-Ärzte so nicht bestätigen: Nur 65 % der Betroffenen hatten in der Notaufnahme einen mittleren Blutdruck > 110 mmHg. Allerdings gaben 56 % der Epistaxis-Patienten eine Hypertonie in der Anamnese an, was mit einem erhöhten Risiko für eine schwere Blutung einherging.
Ein bisher möglicherweise unterschätzter Risikofaktor ist die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS), die 34 % aller Studienteilnehmer angaben. Die Betroffenen litten nicht nur unter stärker ausgeprägten Hämorrhagien, sie entwickelten auch mehr Rezidive und mussten häufiger operiert werden. Diesbezüglich war ASS sogar ein grösserer Risikofaktor als die Einnahme von oralen Antikoagulanzien.
Nasenbluten: Lässt Alkohol Gefässe platzen?
Unter einer oralen Antikoagulation standen 116 Probanden. Eine Überdosierung als möglichen Grund für das Nasenbluten fand man bei 16 %. Somit erscheint es sinnvoll, bei allen antikoagulierten Epistaxis-Patienten die INR zu bestimmen. Befindet sich diese im therapeutischen Bereich, ist Nasenbluten kein Grund, die Behandlung zu unterbrechen. Eine generelle Untersuchung des Gerinnungsstatus bei allen nicht antikoagulierten Patienten mit Nasenbluten halten die Kollegen für verzichtbar.
Weitere wichtige Ursachen waren hämatologische Erkrankungen und Traumata wie etwa ein Schlag auf die Nase. Ausserdem tritt Nasenbluten zu 80 % in der kälteren Jahreszeit auf. Neben der trockenen Heizungsluft könnte ein vermehrter Alkoholkonsum im Winter dafür einen Risikofaktor darstellen. So war der durchschnittliche Gamma-GT-Wert der Epistaxis-Patienten pathologisch erhöht und auffällig viele Betroffene wiesen einen Anstieg bei MCV- und Transaminasen auf.
Weniger Blutungsrezidive mit elektrischer Verödung
Von der Behandlung des Nasenblutens durch einen HNO-Arzt erwartet man, dass sie sicher, effizient, schmerzarm und kostengünstig ist. Was taugen die Methoden aber im Alltag wirklich?
70 % der Untersuchten litten an einer anterioren Epistaxis, d.h., die Blutungsquelle war bei der vorderen Rhinoskopie sichtbar. In solchen Fällen kann man sofort eine lokale chemische oder elektrische Koagulation durchführen. Mit 22 vs. 12 % lag die Rezidivrate bei chemischer Koagulation fast doppelt so hoch wie bei der Elektrokoagulation, sodass Letztere bevorzugt werden sollte.
Ist die Blutungsquelle nicht im vorderen Nasenbereich sichtbar, spricht man von einer posterioren Epistaxis. Therapeutisch kommen vor allem verschiedene Formen der Tamponade zum Einsatz – allerdings mit mässigem Erfolg, wie die Studie zeigt. Am häufigsten angewandt wurde die auf 7,5 cm aufblasbare Tamponade. Damit liess sich die Blutung nur in 64 % der Fälle dauerhaft stillen. Bei einem Misserfolg griffen die HNO-Ärzte zur Tamponade mit dem Blasenkatheter (Ballon im Epipharynx aufblasen, Fettgaze vorne in die Nasenhaupthöhle). Dadurch liess sich die Blutung zwar fast immer kurzfristig stoppen, aber nur in 52 % langfristig.
Die chirurgische Therapie zeigte sich mit einer Erfolgsrate von über 95 % der Tamponade deutlich überlegen, schreiben die Kollegen. Auch das Patientenurteil in Bezug auf Schmerzen sprach eher für die Operation. Da die Methode schonend, effizient und bei ambulanter Durchführung auch kostengünstig ist, sollte die Indikation zur Operation bei posteriorem Nasenbluten grosszügig gestellt werden. Unbestritten haben die Tamponaden aber weiterhin einen hohen Stellenwert als Notfallmassnahme.
Nach posteriorer Epistaxis gut überwachen
Komplikationen der Behandlung waren in der Studie nur selten zu verzeichnen. 3,7 % der Patienten benötigten aufgrund des Nasenblutens mindestens eine Transfusion. Blutbedarf bestand besonders häufig bei hämatologischen Erkrankungen, traumatisch bedingter Epistaxis und bei posterioren Blutungen. Patienten mit diesen Merkmalen sollten besonders engmaschig überwacht werden.
Quelle: Michael B. Soyka et al., Schweiz Med Forum 2013; 13: 290-292