Parkinson beginnt häufig mit Schmerzen
Der Schmerz kann das erste Symptom eines Morbus Parkinson sein und den motorischen Veränderungen um Jahre vorausgehen. Mit 40 bis 70 % überwiegt dabei der nozizeptive Schmerz, er wird von den Patienten meist als ziehend, krampfartig oder dumpf beschrieben und kann sich sowohl an den grossen Gelenken manifestieren als auch im Nacken, paraspinal oder in den Waden.
Wenn der Schmerz erst nach der Diagnose in Erscheinung tritt, dann meist in den Regionen, in denen die motorischen Symptome begonnen haben, erklärte Professor Dr. Gunnar Wasner von der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Kiel.
Bei Nackenschmerz zum Schellong-Test
Insbesondere Schulterschmerzen manifestieren sich bereits in frühen Krankheitsstadien und korrelieren mit der Akinese. Vermutlich führt die muskuläre Inaktivität zur Dysfunktion, auch eine "frozen shoulder" findet sich gehäuft. Rückenbeschwerden entstehen am ehesten durch eine reduzierte Beweglichkeit der Wirbelsäule, erhöhtem paraspinalen Muskeltonus, Haltungsstörungen und Rigor.
Nackenschmerzen können durch eine autonome Insuffizienz ausgelöst werden: Die orthostatische Hypotension führt zur Minderperfusion der Nackenmuskulatur mit der Folge des "coat hanger pains". Beim Verdacht auf dieses Phänomen empfiehlt Prof. Wasner deshalb einen Schellong-Test.
Generell können die Schmerzen in Abhängigkeit von der motorischen Funktion fluktuieren. In einigen Fällen gehen sie mit Dystonien einher, was evtl. auf eine Unterdosierung des Dopamins hindeutet.
L-Dopa wirkt auch als Analgetikum
15 bis 35 % der Patienten leiden unter peripheren neuropathischen Schmerzen. Rigor, Haltungsstörungen und Dystonien gelten als prädisponierende Faktoren. In zwei Dritteln der Fälle manifestieren sich die Beschwerden im betroffenen radikulären Versorgungsgebiet. Parkinsonpatienten weisen auch vermehrt periphere Neuropathien auf – allerdings meist ohne Schmerz.
Als Auslöser wird die Methyl-Malon-Säure, ein Abbauprodukt von L-Dopa, diskutiert. Histologisch liegt eine Small-Fiber-Neuropathie vor. Bei etwa 10 % aller Parkinsonkranken besteht der Verdacht auf ein zentrales neuropathisches Schmerzsyndrom. Klinisch imponieren diffuse, brennende, krampfartige oder ziehende Schmerzen, die intermittierend oder dauerhaft auftreten und die Patienten teilweise auf der motorisch stärker betroffenen Seite schlimmer quälen.
Therapeutisch steht bei allen Formen die Optimierung der Parkinsonmedikation im Vordergrund. 40 % der zentral neuropathischen Schmerzsyndrome sprechen auf
L-Dopa an, peripher neuropathische Schmerzen nur zu 14 %. Bei muskuloskelettalen Beschwerden beträgt die Ansprechrate 20 %, bei Schmerzen mit Dystonien 37 %.
Wirbelsäulen-Läsionen: Frühzeitig Op. erwägen
Ansonsten kommen je nach Schmerzcharakter antinozizeptive Medikamente (NSAR, WHO-Stufenschema) oder solche gegen neuropathische Schmerzen (Antikonvulsiva/Antidepressiva, Opioide) zum Einsatz. Begleitend ist oft Physiotherapie hilfreich. Bei radikulären Beschwerden und ausgeprägten Veränderungen im Röntgenbild sollte laut Prof. Wasner auch frühzeitig über invasive Verfahren bzw. eine orthopädische oder neurochirurgische Intervention nachgedacht werden.
Quelle: Deutscher Schmerzkongress