Analkarzinom gezielt verhindern
In den letzten Jahren hat sich die Inzidenz des Analkarzinoms verdoppelt. Während es früher bevorzugt Frauen traf, ist das Geschlechterverhältnis heute ausgeglichen. Besonders gefährdet sind homosexuelle und HIV-positive Männer. Wie beim Zervixkarzinom scheint eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) pathogenetisch eine Rolle zu spielen.
So gilt die HPV-assoziierte anale intraepitheliale Neoplasie als Vorläuferläsion des Analkarzinoms. Das humane Papillomvirus findet sich bei 50 bis 60 % der HIV-negativen und bei fast 100 % der HIV-positiven Männer, die Sex mit Männern haben (MSM).
Von den 150 bekannten HPV-Subtypen gehen 15 mit einem hohen Krebsrisiko einher. Der Subtyp HPV 16, der am häufigsten mit dem Zervixkarzinom assoziiert ist, wird auch bei etwa 75 % aller Analkarzinome nachgewiesen, schreiben Privatdozent Dr. Daniel Dindo und Professor Dr. Markus Weber von der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefässchirurgie im Stadtspital Triemli in Zürich im "Schweizerischen Medizin-Forum".
Palpation, Zytologie und Anoskopie
Anale intraepitheliale Neoplasien (AIN) werden wie die zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN) in die drei Stadien – 1, 2 und 3 – eingeteilt. Im Stadium AIN 1 besteht nur eine niedriggradige Dysplasie, die sich spontan zurückbilden kann. Die Stadien 2 beziehungsweise 3 werden hingegen als hochgradige Dysplasien eingestuft, eine Regredienz ist hier sehr unwahrscheinlich. Da man mit der Einführung von Screening-Programmen die Inzidenz des Zervixkarzinoms um etwa 70 % senken konnte, darf man in Analogie beim Analkarzinom ebenfalls Erfolge erwarten. Allerdings gibt es dazu bisher keine generellen Empfehlungen.
Die Autoren raten HIV-positiven Männern, die Sex mit Männern haben, und Personen mit anderweitig erhöhtem Risiko zu jährlichen Kontrollen. Bei HPV- und HIV-negativen MSM dagegen reichen Untersuchungen im Abstand von zwei bis drei Jahren.
Zwecks Screening sollte eine digitale rektale Untersuchung erfolgen, ausserdem die Abnahme einer Bürstenzytologie. Bei auffälligen Zellen unterzieht sich der Patient einer hochauflösenden Anoskopie in einem entsprechend spezialisierten Zentrum, so der Vorschlag der Schweizer Experten. Bei diesem Verfahren wird die Schleimhaut mit 20facher Vergrösserung inspiziert, subklinische Dysplasien können entdeckt und auch gezielt behandelt werden und so manche Biopsie wird damit überflüssig.
Hochgradige Dysplasien unbedingt behandeln
Es gibt keine Evidenz für ein einheitliches Vorgehen bei analer Dysplasie. Niedriggradige Veränderungen erfordern zunächst keine Therapie, so die Autoren. Falls klinische Symptome, etwa ein Pruritus ani, bestehen, wird jedoch eine Behandlung empfohlen. Entschliesst man sich zu einer abwartenden Haltung, sollte bei HIV-positiven Patienten nach sechs Monaten und bei HIV-negativen nach einem Jahr eine Kontrolle erfolgen.
Hochgradige Dysplasien werden hingegen prinzipiell behandelt. Dazu setzt man Medikamente wie Imiquimod, Podophyllin oder 5-Fluorouracil ein. Als ablative Verfahren kommen Kryoablation, CO2-Laserablation, Elektrokautern oder die chirurgische Exzision in Betracht. Engmaschige Nachkontrollen sind in jedem Fall ratsam, weil Dysplasien zu Rezidiven neigen.
Quelle: Daniel Dindo et al., Schweiz Med Forum 2012; 12: 282–285