Medical Tribune
27. Feb. 2012Von Homöopathie bis Tai Chi

Was leisten die “Alternativen” bei chronischer Müdigkeit?

Patienten mit chronischem Fatigue-Syndrom nutzen oft komplementärmedizinische Methoden – von der Homöopathie bis zum Ginseng. Doch wie steht‘s mit der Wirkung?

Norwegische Kollegen prüften die Datenlage. Nach wie vor stellt das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) eine Herausforderung an Patienten, Angehörige und Ärzte dar. Von den bisher bei dieser Indikation eingesetzten Therapieformen erwies sich keine durchgängig als wirksam.

CFS-Patienten probieren häufig komplementärmedizinische  Methoden aus

Es erstaunt nicht, dass CFS-Patienten häufig Zuflucht zur Komplementärmedizin nehmen. Um deren Wirksamkeit besser beurteilen zu können, startete das Team um Dr. Terje Alraek vom National Research Center for Complementary and Alternative Medicine der Universität Tromsø eine umfassende Literaturrecherche.

Dabei fanden die Kollegen 26 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit insgesamt 3273 Teilnehmern. Folgende Methoden waren untersucht worden: Mind-Body-Medizin, Fernheilung, Massage, Tuina und Tai Chi, Homöopathie, Ginseng und Nahrungsergänzungsmittel.

Quigong und Meditation zeigten positiven Einfluss

Studien zu Akupunktur oder komplexen phytotherapeutischen Methoden wurden nicht berücksichtigt, schreiben die Autoren im Online-Journal "BMC Complementary and Alternative Medicine". Zwei Studien verglichen Qigong plus Meditation mit abwartendem Verhalten, beide ermittelten günstige Effekte der Verumtherapie auf das Fatigue-Syndrom.

Eine weitere Untersuchung prüfte die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindfulness Based Stress Reduction, MBSR). Damit behandelte Patienten zeigten eine signifikant geringere Ängstlichkeit als Leidensgenossen auf der Warteliste.

Tai Chi so effektiv wie Antidepressivum?

Zwei kontrollierte Studien ermittelten günstige Effekte verschiedener Massageformen auf depressive Verstimmung, Schlafstörungen und körperliche CFS-Symptome. Im direkten Vergleich von Tuina* und Tai Chi mit Fluoxetin schnitten die chinesischen Therapieformen zunächst günstiger ab, nach einem Monat Therapie war jedoch kein signifikanter Unterschied zum Antidepressivum mehr zu erkennen.

Homöopathie punktet, Fernheilung versagt

Zwei RCTs verglichen Homöopathie mit Placebo, eine davon ergab eine Besserung von Funktion und Fatigue, die andere eine gewisse allgemeine Symptombesserung. Fernheilung dagegen erzielte keinen signifikanten Effekt auf mentale oder körperliche Komponenten der Lebensqualität.

Chronisches Fatigue-Syndrom - NADH und Magnesium hilfreich?

Ebenfalls negativ verlief eine Studie mit Sibirischem Ginseng. In 17 Studien wurde der Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln bei chronischem Fatigue- Syndrom getestet, die meisten erwiesen sich als wirkungslos. Lediglich NADH** und Magnesium zeigten gewisse positive Effekte.

Was mögliche Nebenwirkungen angeht, berichteten nur fünf der 26 analysierten Studien überhaupt über unerwünschte Wirkungen, wobei diese jeweils nur selten auftraten. Die Ergebnisse dieses systematischen Reviews liefern limitierte Evidenz, dass komplementärmedizinische Methoden zur Symptombesserung bei chronischem Fatigue-Syndrom beitragen können, fassen die Autoren zusammen.

Eindeutige Schlussfolgerungen seien aber aufgrund der kleinen Fall- und Studienzahl zu den verschiedenen Methoden nicht möglich. Die Wissenschaftler fordern weitere, methodisch hochwertige Studien.

*chinesische Massageform

**Nicotinamid-AdeninDinucleotid

Quelle: Terje Alraek et al., BMC Complementary