Medical Tribune
25. Apr. 2024Nutzen für Kinder hält sich in Grenzen

Unnötige Erkältungstherapie

Quälen sich Kinder mit Symptomen einer Erkältung herum, greifen einige Eltern zu Medikamenten, darunter Fiebersenker, Antitussiva oder Antibiotika. Doch verkürzen diese Therapeutika auch die Erkrankungsdauer? Eine neue Übersichtsarbeit versucht, diese Frage zu beantworten.

Die meisten Medikamente sind bei Erkältungen wirkungslos.
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Haben Kinder (hohes) Fieber im Zuge einer Erkältung, sind Eltern oft schnell damit, einen Fiebersenker zu verabreichen.

Dabei muss Fieber in dieser Situation nicht grundsätzlich gesenkt werden, es sei denn, es verursacht erhebliches Leiden, schreibt Leitlinienautor Dr. Peter Gill, Hospital for Sick Children in Toronto und Kollegen.

Antipyretika verhindern keine Fieberkrämpfe

Entgegen der landläufigen Meinung verhindern fiebersenkende Medikamente auch keine Fieberkrämpfe.

Eine Kombination verschiedener Wirkstoffe könnte das Fieber möglicherweise effektiver senken als ein einzelner Wirkstoff. Allerdings warnen Experten davor, dass bei dieser Vorgehensweise das Risiko von Dosierungsfehlern höher ist.

Salinische Nasenspülungen konnten in kleineren Studien eine geringfügige und kurzfristige Wirkung auf eine laufende und verstopfte Nase zeigen. Eine Empfehlung für Kortikosteroide, Ipratropiumbromid, abschwellende Substanzen und Antihistaminika konnten die Experten aufgrund von Sicherheitsprofil und mangelnder Datenqualität aber nicht aussprechen.

Vorsicht mit Codein und Dextromethorphan!

Antibiotika spielen bei Erkältungen aufgrund der hauptsächlich viralen Ursache von Infektionen der oberen Atemwege nur eine geringe Rolle. Hustenmittel wie Dextromethorphan und Codein lindern den Husten nicht besser als ein Placebo, sind jedoch mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Expektorantien (wie Guaifenesin) erleichtern das Abhusten. Ihre Wirksamkeit und Sicherheit wurden jedoch bisher nicht bei Kindern untersucht. Dampfinhalationen zeigten laut einer Cochrane-Übersichtsarbeit nur bei Kindern ab zwölf Jahren eine Wirkung.

Unter den alternativen Optionen ist der Nutzen von Honig am besten belegt. Er reduzierte bei Kindern über einem Jahr Hustenhäufigkeit, Schweregrad und Dauer besser als keine Behandlung, ein Placebo oder Diphenhydramin. Kleinkinder unter zwölf Monaten sollten jedoch aus Gründen der potenziellen Keimbelastung nur pasteurisierten Honig erhalten.

Probiotika können laut einer Übersichtsarbeit die Fehltage in Schule und Kindergarten verringern. Allerdings ist die Datenlage hierzu sehr heterogen. Für chinesische Kräuter und Kapland-Pelargonien-Extrakt gibt es bisher nur begrenzte Evidenz. Ätherische Erkältungssalben konnten in einer kleinen Studie den Schlaf verbessern.

Kein Aspirin für Kinder unter sechs!

In Bezug auf die Sicherheit sollten Eltern beachten, dass Kinder unter sechs Jahren aufgrund des Risikos des potenziell tödlichen Reye-Syndroms keine Acetylsalicylsäure erhalten dürfen. Auch Antitussiva, Antihistaminika, Dekongestiva und Expektorantien werden für diese Altersgruppe nicht empfohlen.

Die grösste Gefahr geht jedoch von Dosierungsfehlern aus. Eine gezielte Beratung der Eltern schützt vor einer unnötigen und potenziell riskanten Medikation. Eltern sollten wissen, dass Husten bei der Hälfte der Kinder zehn Tage lang anhalten kann und dass sechs bis acht Erkältungen pro Jahr bei Kleinkindern völlig normal sind.

Warnsignale, bei denen ärztliche Hilfe erforderlich ist:

  • Fieber bei Säuglingen unter drei Monaten
  • Fieber, das länger als drei Tage anhält
  • Dehydratation und Trinkschwäche
  • Beschleunigte Atmung
  • Anzeichen für das Kawasaki-Syndrom (gerötete Augen und Lippen, Ausschlag etc.)
  • Petechien (kleine rote Punkte auf der Haut)
  • Krampfanfälle
  • Lethargie, Schlappheit, Antriebslosigkeit
  • Starke Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Erbrechen