Weniger invasive Zervixkarzinome dank Impfung
Die Entwicklung des Impfstoffs gegen humane Papillomaviren (HPV) zielte ursprünglich darauf ab, das Risiko für invasive Zervixkarzinome, die durch Infektionen mit onkogenen HPV-Typen ausgelöst werden, zu reduzieren. Eine schwedische Registerstudiekonnte diesen Effekt nun erstmals an einem grossen Kollektiv für die quadrivalente Vakzine belegen.
Bereits frühere Untersuchungen haben zeigen können, dass der Impfstoff vor HPV-Infektionen, genitalen Warzen und höhergradigen präkanzerösen Läsionen schützt. Mittlerweile sind in mehr als 120 Ländern entsprechende Impfprogramme implementiert.
Für ihre Untersuchung zum invasiven Zervixkarzinom bezogen die Autoren Daten aus schwedischen Demografie- und Gesundheitsregistern wie etwa dem HPV- bzw. dem nationalen Impfregister sowie dem nationalen Krebsregister. In die Auswertung mit ein gingen 1 672 983 Frauen, die in den Jahren 2006–2017 zwischen 10 und 30 Jahre alt waren und zuvor noch keine HPV-Impfung erhalten hatten. Die Studienperiode endete jeweils am 31. Geburtstag der Probandinnen.
In Schweden ist der quadrivalente HPV-Impfstoff seit 2006 zugelassen und kam bzw. kommt nahezu ausschliesslich zur Anwendung. Die Impfung erfolgte zunächst in einem 3-Dosis-Schema, ab 2015 in einem 2-Dosis-Schema. Im Jahr 2012 startete ein Gratis-Impfprogramm für Mädchen und junge Frauen zwischen 13 und 17 Jahren sowie ein Schulimpfprogramm für 10- bis 12-jährige Mädchen. Die Probandinnen wurden als geimpft angesehen, wenn sie mindestens eine Dosis der quadrivalenten HPV-Vakzine erhalten hatten.
Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen der HPV-Impfung und dem Risiko für invasive Zervixkarzinome, adaptiert für das Alter zu Beginn des Follow-ups, Kalenderjahr sowie verschiedene Charakteristika der Eltern wie Ausbildung, Haushaltseinkommen sowie Geburtsland und Erkrankungen der Mutter.
Krebsrisiko um bis zu 88 % reduziert
Die kumulative Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs erhöhte sich rasch ab einem Alter von 23 Jahren, sowohl bei nicht geimpften als auch bei geimpften Frauen. Ab diesem Alter erhalten Frauen in Schweden die erste Einladung zum Screening-Programm. Ein invasives Zervixkarzinom wurde bei 19 Frauen diagnostiziert, die eine quadrivalente HPV-Impfung erhalten hatten, und bei 538 Ungeimpften. Dies entsprach einer kumulativen Inzidenz von 47 Fällen pro 100 000 geimpften Personen bzw. 94 Fällen pro 100 000 ungeimpften Personen bis zum 30. Lebensjahr.
Nach Bereinigung um das Alter beim Follow-up errechneten die Wissenschaftler ein Inzidenzratenverhältnis (incidence rate ratio, IRR) der vakzinierten vs. der nichtvakzinierten Population von 0,51. Nach Stratifikation für sämtlicheKovariaten einschliesslichdes Alters bei Erstimpfung betrug die IRR 0,12 für alle Frauen, die vor dem 17. Lebensjahr geimpft worden waren, und 0,47 für diejenigen, die die Vakzine zwischen 17 und 30 Jahren erhalten hatten – eine Risikoreduktion von 88 % bzw. 53 %. In der Untersuchung hatten 83,2 % die erste Impfung vor dem 17. Lebensjahr erhalten.
Die Forscher weisen auch auf eine Schwäche der Studie hin: Es sei nicht auszuschliessen, dass die Assoziation zwischen HPV-Impfung und dem Risiko für ein Zervixkarzinom von Störfaktoren beeinträchtigt wird. So könnten insbesondere geimpfte Frauen generell gesünder sein als ungeimpfte. Verschiedene Faktoren wie etwa Rauchen, sexuelle Aktivität, der Gebrauch von oralen Kontrazeptiva oder Adipositas sind mit einem erhöhten Risiko für ein Zervixkarzinom assoziiert.
Insgesamt ziehendie Autoren das Fazit, dass der quadrivalente HPV-Impfstoff das Risiko für invasive Zervixkarzinome substanziell zu senken vermag. Zudem unterstützen diese Ergebnisse ihrer Ansicht nach die Empfehlung, frühzeitig gegen HPV zu impfen, also bevor sich die Mädchen infizieren können. Von dieser Strategie ist der beste Nutzen zu erwarten, da die Impfung gegen bereits vorhandene Viren nichts ausrichten kann.
Lei J et al. N Engl J Med 2020; 38: 1340–1348.