Medical Tribune
31. Aug. 2024Laufen, bis es wehtut

Die PAVK durch Training lindern

Gehen, gehen, gehen: Das ist die wichtigste Säule bei der Therapie einer PAVK. Am besten wirkt ein strukturiertes, angeleitetes Training mit Belastung bis zu starken Claudicatio-Beschwerden. Doch auch wer «nur» bis zu geringen Schmerzen läuft, profitiert.

PAVK-Patienten profitieren am meisten von einem intensiven angeleiteten Training.
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Empfohlen werden Trainingseinheiten über mindestens 30 Minuten, bei denen sich Gehphasen und Pausen abwechseln.

Strammes Gehen ist eine wirkungsvolle Massnahme zur Behandlung der peripheren arterielle Verschlusskrankheit (PAVK).

Metaanalysen zeigen etwa, dass angeleitetes Training die schmerzfreie Gehstrecke oder die Sechs-Minuten-Gehstrecke von PAVK-Patienten signifikant verbessert und Beschwerden reduziert.

Revaskularisierung mit Gehtraining kombinieren?

Gehtraining verbessert auch Lebensqualität und kognitive Funktion, schreiben Dr. Lucia Mazzolai vom CHUV Lausanne und Kollegen im Konsensusdokument zur Bewegungstherapie der European Society of Cardiology (ESC, 1).

Welche Rolle die interventionelle Revaskularisierung dabei spielt, ist noch unklar. Einer Metaanalyse von sieben randomisierten Studien zufolge führt eine endovaskuläre Therapie plus Training zu besseren Effekten auf Gehstrecke und Knöchel-Arm-Index (ABI) als Training allein. Auch das Amputationsrisiko sinkt bei der Kombination beider Therapien. Eine endovaskuläre Therapie allein erweist sich bei der PAVK jedoch nicht als signifikant besser als alleiniges Training.

Unbedingt vor dem Training untersuchen!

Vor Beginn einer Trainingstherapie sollte der Patient sorgfältig körperlich untersucht werden. Dabei sind Kontraindikationen und Komorbiditäten zu beachten. Neben dem ABI müssen Gefäss- und Muskelfunktionen erfasst werden, um einen Status quo als Referenz zu haben.

Funktionelle Einschränkungen lassen sich am Laufband erkennen, indem man mit Standardprotokollen die schmerzfreie Gehstrecke misst. Eine gute Alternative ist der Sechs-Minuten-Gehtest, der das Gehen im Alltag besser reflektiert. Ergänzend kann der Patient seinen Bewegungsalltag mit einem GPS-Tracker oder einer Smartwatch aufzeichnen.

Zur Beurteilung von Muskelfunktion und -kraft dienen dynamometrische Messungen und klinische Funktionstests. Eine validierte Methode zur Bestimmung der Muskelkraft von PAVK-Patienten ist der Sit-to-stand-Test. Zur vollständigen Evaluation gehört zudem die subjektive Selbsteinschätzung der Gehfähigkeit und der Lebensqualität.

Mindestens 12 Wochen dreimal wöchentlich, so intensiv wie möglich

Das initiale Trainingsprogramm sollte mindestens zwölf Wochen unter professioneller Anleitung durchgeführt werden und wenigstens dreimal wöchentlich stattfinden. Empfohlen werden Trainingseinheiten von mindestens 30 Minuten, die aus einem intermittierenden Gehtraining mit Pausen bestehen.

Patienten sollten sich dabei so lange belasten, bis mittelschwere bis schwere Claudicatio-Symptome auftreten. Für dieses Vorgehen gibt es die beste Evidenz. Aber auch mit einem Training, das die Grenze «geringe Schmerzen» nicht überschreitet, wurde in einigen Studien eine Verbesserung erzielt. Wahrscheinlich findet ein solches Training in der Praxis bei vielen PAVK-Patienten mehr Akzeptanz und verbessert damit die Chancen für eine Langzeitadhärenz, vermuten die Autoren.

Patienten bei der Stange halten

Das Training beginnt idealerweise mit niedriger Intensität und wird dann allmählich gesteigert. Herzfrequenz, Borg-Skala (misst die subjektive Erschöpfung) oder Claudicatio-Schmerzen können bei der Planung als Richtschnur dienen. Wenn das Laufen nicht klappt, sind Krafttraining oder Velofahren eine Option – wobei das Gehen grössere Effekte auf die Sechs-Minuten-Gehstrecke aufweist. Patienten ohne Zugang zu einem angeleiteten Training sollte man ein strukturiertes Übungsprogramm für zu Hause anbieten. Einer aktuellen Metaanalyse zufolge führt auch dies zu einer Zunahme der Gehstrecke, die aber nicht signifikant ausfällt.

Wichtig ist, die anfänglichen Untersuchungen nach dem initialen Trainingsprogramm zu wiederholen. Das zeigt die Fortschritte und motiviert den Patienten, lebenslang aus eigenem Antrieb körperlich aktiv zu bleiben.

ABI nach Belastung messen

Die Schwere der PAVK lässt sich anhand des Knöchel-Arm-Index (ankle-brachial index, ABI) messen; besonders wichtig sind die Werte unmittelbar nach Ende eines Trainings. Eine Abnahme um mehr als 20 Prozent steht für eine manifeste PAVK.