Medical Tribune
13. Sept. 2023Regenerierte Duodenalschleimhaut tut auch der Leber gut

Thermische Ablation senkt HbA1c

Der Glukosestoffwechsel von Patienten mit Typ-2-Diabetes lässt sich offenbar durch die endo­skopische duodenale Thermo­ablation der Mukosa modifizieren. Denn dann sinkt HbA1c und der Fettgehalt in der Leber geht zurück.

Ziel der Thermoablation ist es, dysfunktionale Mukosa durch gesunde zu ersetzen.
Science Photo Library/Gastrolab
Ziel des Resurfacings ist es, dysfunktionale Mukosa durch gesunde zu ersetzen.

Die Darmmukosa erneuert sich alle fünf Tage. Dabei wandern Schleimhautzellen aus den in den Krypten lokalisierten intestinalen Stammzellnischen nach apikal.

Übeltäter enteroendokrine Zellen

Kalorienrestriktion und Fasten verändern den Stoffwechsel in den Krypten und modifizieren die Funktion der intesti­nalen Stammzellen, obwohl sie gar nicht in Kontakt mit dem Lumeninhalt sind. An diesem Punkt kommen die entero­endokrinen Zellen ins Spiel, die wahrscheinlich die Stammzellnischen regulieren.

Denn schaltet man diese aus, steigt der Energieverbrauch und die Insulinempfindlichkeit wird deutlich besser, berichtet Professor Dr. Stephan­ Martin, Westdeutsches Diabetes- und Gesundheitszentrum, Düsseldorf (1).

Dies ist auch die Rationale hinter der Ablation, auch duodenal mucosal resurfacing (DMR) genannt. Beim Typ-2-Diabetes will man mit dem Verfahren die dysfunktionale Duodenalschleimhaut bei 90 °C thermisch ablatieren, um die Regeneration einer gesunden Schleimhaut zu ermöglichen.

Langzeitblutzucker sinkt bei Ablation um einen Prozentpunkt

Klinisch geprüft wurde das Verfahren zur Ablation in den beiden Studien REVITA-1 und -2. Bei Ersterer handelt es sich um eine prospektive, offene, multizentrische Studie, an der Patienten mit Typ-2-Diabetes, Übergewicht oder Adipositas, und einem Ausgangs-HbA1c von 7,5 bis 10 Prozent teilnahmen. Alle waren mit mindestens einem oralen Antidiabetikum behandelt. Das HbA1c sank von im Mittel 8,5 Prozent auf 7,5 Prozent sechs Monate nach DMR. Der Erfolg war noch zwei Jahre später nachweisbar.

In dieser Zeit konnte die anti­diabetische Therapie bei mehr als 50 Prozent der Patienten reduziert werden oder blieb unverändert. HDL und Triglyzerid-HDL-Quotient besserten sich in der Nachbeobachtungszeit ebenfalls. Die ALT ging von initial 38,1 U/l auf 32,5 U/l nach 24 Monaten zurück. Schwerwiegende Ereignisse traten nicht auf.

In Doppelblindstudie waren Erfolge nur in einer Kohorte sichtbar

REVITA-2 war dagegen eine randomisierte, kontrollierte Doppelblindstudie. Aufgenommen wurden Patienten mit Typ-2-Diabetes mit etwa den gleichen Einschlusskriterien wie in REVITA-1. Als primäre Endpunkte legten die Wissenschaftler die Sicherheit des DMR sowie die Veränderung des HbA1c nach 24 Wochen fest. Mittels MRT bestimmten sie zudem den Fettgehalt der Leber nach zwölf Wochen.

Es gab eine europäische und eine brasilianische Studiengruppe. Nur in der europäischen liess sich nach der Ablation ein signifikanter Rückgang des HbA1c durch das DMR feststellen. Bei den 39 Teilnehmern der Verumgruppe sank der Wert um 6,6 mmol/mol (2,75 Prozenzpunkte), bei den 37 Kontrollen um 3,3 mmol/mol (2,45 Prozentpunkte).

Das Leberfett ging um 5,4  vs. 2,2 Prozent zurück. In der Gesamtpopulation zeigten diejenigen mit initial Nüchtern-Plasmaglukose ≥ 10 mmol/l eine stärkere Senkung des HbA1c im Vergleich zur Scheinbehandlung.

Wie Prof. Martin berichtet, wurden seit Februar dieses Jahres in Düsseldorf bereits 14 Patienten mit der Ablation behandelt. Der erste Patient konnte dabei mittlerweile alle Antidiabetika wieder absetzen.­