Medical Tribune
20. Sept. 2012Herzprobleme

Diastolische Herzschwäche: Therapie in Sicht

Die erste Substanz wird noch unter dem sperrigen Namen LCZ696 geführt und ist ein Hybrid aus dem AT1-Blocker Valsartan und einem Molekül, welches das Enzym Neprilysin inhibiert – Letzteres katalysiert den Abbau natriuretischer Peptide. Die neue Molekülklasse ARNI (Angiotensin-Rezeptorblocker-Neprilysin-Inhibitor) soll die Herzinsuffizienz also von zwei Seiten in die Zange nehmen.

Herzschlaglinie auf rotem Apfel und Stethoskop
iStock/udra

Neprilysin-Inhibitor verkleinert Ventrikel

In der PARAMOUNT-Studie wurde LCZ696 an rund 300 Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz erprobt und erwies sich als vielversprechend, sowohl hinsichtlich des primären biochemischen Endpunkts (NT-proBNP) als auch hinsichtlich der echokardiographischen und symptomatischen Wirkung, berichtete Studienleiter Professor Dr. Scott Solomon, Brigham and Women’s Hospital in Boston beim ESC-Kongress.

 Das NT-proBNP sank innerhalb von nur zwölf Wochen um 23 % stärker als unter Val­sartan alleine. Bei Studienende war der Unterschied allerdings wieder ausgeglichen, d.h. nicht mehr signifikant. Dafür zeigte sich der linke Ventrikel in Volumen und Weite unter dem ARNI signifikant verkleinert – ein Zeichen, dass sich das Remodelling zurückbildete –, während sich unter dem Sartan wenig getan hatte.

Diastolische Insuffizienz: Die NYHA-Klasse wird verbessert

Die NYHA-Klasse verbesserte sich häufiger bei Teilnehmern der ARNI- Gruppe. Besonders ausgeprägt fiel der Benefit bei Diabetikern aus. Angesichts der Tatsache, dass bisher kein kardiovaskuläres Medikament einen funktionellen Effekt bei der diastolischen Insuffizienz gezeigt hat, ist das als Erfolg zu werten, so der Experte, zumal LCZ696 nicht mehr Nebenwirkungen auszulösen schien als das Sartan. Der klinische Stellenwert bleibe aber zu klären.

Der zweite Kandidat im Rennen gegen die diastolische Herzinsuffizienz ist ein alter Bekannter. Der bei der systolischen Insuffizienz etablierte Aldosteron-Rezeptorantagonist Spironolacton, der in der Aldo-DHF-Studie unter Leitung von Professor Dr. Burkert Pieske vom Herzzentrum der Universität Graz gegen Placebo getestet wurde.

Körperliche Belastbarkeit bessert sich nicht unter Spironolacton

Bei Studienende nach einem Jahr hatten die Patienten Echo-Befunde, die auf eine bessere diastolische Funktion hinwiesen. Ihre körperliche Belastbarkeit war allerdings nicht gestiegen. Unterschiede in wichtigen Endpunkten wie Hospitalisation und Tod gab es nicht.

Ein Schwachpunkt dieser Studie liegt in der Patientenselektion, kritisierte Kommentator Professor Dr. John Cleland von der Universitätsklinik Hull. Die Teilnehmer hatten allenfalls eine beginnende diastolische Funktionsstörung, so sein Einwand. Laut Einschlusskriterien sollten die Patienten fähig sein, auf dem Ergometer genug Leistung zu bringen, dass man ihre maximale Sauerstoffaufnahme prüfen konnte.

Aldosteron-Antagonist mindert Progression

Zudem war die Nierenfunktion im ALDO-HF-Kollektiv bemerkenswert gut. Auch gab es kaum Todesfälle – verwunderlich, wenn man davon ausgeht, dass die diastolische Insuffizienz ebenso gefährlich ist wie die systolische, so Prof. Cleland. Auf jeden Fall habe die Studie gezeigt, dass die diastolische Herzinsuffizienz eine progrediente Erkrankung ist und dass sich diese Progredienz mit Spironolacton offenbar günstig beeinflussen lässt.

Prof. Cleland verwies darauf, dass nächstes Jahr mit TOPCAT eine grosse Studie weitere Ergebnisse zum Stellenwert des Aldosteronantagonisten in dieser Indikation liefern wird.

Quelle:

ESC-Kongress 2012, Professor Dr. Scott Solomon, Brigham and Women’s Hospital in Boston, Professor Dr. John Cleland Universitätsklinik Hull