Medical Tribune
18. Aug. 2015Ein HIV-infizierter Patient schnauft und hustet

HI-Virus greift auch die Lunge an

Je nach Studie und Population finden sich unter HIV-Infizierten bis zu 80 % Raucher, während es in der Durchschnittsbevölkerung nur etwa 20 % sind. Das Alter spielt zwar ebenfalls eine Rolle – aktuell hat jeder zweite HIV-Infizierte den 50. Geburtstag bereits hinter sich.

Aber die COPD manifestiert sich bei HIV-Infizierten schon vergleichsweise früh. Die Dreierregel: "Über 40, Atemnot und Raucheranamnese – dann ist es wahrscheinlich eine COPD" müsse um etwa zehn Jahre nach unten korrigiert werden, erklärte Professor Dr. Gregory Kirk von der Johns Hopkins University in Baltimore, USA.Wichtig zu wissen: Nicht die HIV-Infektion als solche lässt die Lunge leiden, sondern die unzureichende Infektionskontrolle.

Hohe Viruslast beschleunigt Verlust der Lungenfunktion

Eine hohe Viruslast geht mit einem massiv beschleunigten Verlust an Lungenfunktion einher, ebenso ein schlechter Immunstatus. Sechs von zehn Patienten mit CD4-Zellzahlen unter 200/µl haben eine Diffusionskapazität unter 60 %, jeder Dritte weist ein FEV1/FVC-Verhältnis unter 70 % auf und erfüllt die Kriterien für eine COPD.

Eigentlich wäre angesichts dieser Zahlen ein Screening fällig, aber das gestaltet sich schwierig, wie Prof. Kirk in der eigenen Klinik feststellen musste. Als wesentliche Hürden entpuppten sich die Patienten selbst, die den Fragebogen oft nicht zurückgaben, und die Ärzte, die es versäumten, bei gegebener Indikation eine Spirometrie zu veranlassen. Mehr Sensibilität für die Komorbidität "COPD" sowie auf HIV-Infizierte zugeschnittene Rauchentwöhnungsprogramme hält der Experte für geboten, um des Problems Herr zu werden.

Quelle: Jahreskongress der American Thoracic Society