Medical Tribune
5. März 2018Eosinophilie hängt vom Stadium der Infektion ab

Im Serum, Stuhl und Urin: Bereiten Sie sich auf die Eiersuche vor

Infektionen mit Helminthen verursachen oft nur leichte unspezifische Beschwerden, aber knapp die Hälfte der Patienten zeigt eine Eosinophilie im Blutbild, berichten Dr. Hanspeter­ Marti­ und Professor Dr. Christoph­ Hatz­ vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut in Basel. Eosinophile Granulozyten dienen der Abwehr von Organismen, die für eine Phagozytose zu gross sind. Durch die Freisetzung von Peroxidasen, Neurotoxinen etc. können Würmer samt Eiern und Larven eliminiert werden.

Chronische Infektionen über Antikörper-Suchtest entlarven

Die Ausprägung der Eosinophilie hängt vom Stadium der Infektion ab, wie sich am Beispiel des Spulwurms (Ascaris lumbricoides) leicht zeigen lässt. Nach der oralen Aufnahme der Eier schlüpfen die Larven im Darm, durchbohren dessen Wand und gelangen mit dem Blutstrom in die Lunge. Innerhalb dieser rund dreiwöchigen Phase steigt der Anteil der Eosinophilen an den Granulozyten auf rund 50 %. Anschliessend wandern die Larven die Atemwege hoch, werden verschluckt und reifen im Darm zu adulten Würmern heran. Danach bildet sich innerhalb von drei bis vier Wochen die Eosinophilie wieder zurück, die Zellzahl bleibt aber leicht erhöht. Dieser Verlauf weckt bereits früh den Verdacht auf eine parasitäre Infektion. Umgekehrt erlaubt eine fehlende Eosinophilie, die vor allem bei rezidivierenden Infekten (z. B. bei Migranten) auftritt, nicht den Ausschluss eines Wurmbefalls.

Die Eosinophilie als Leitsymptom für Helminthen sollte man ebenso wie einen anamnestisch begründeten Verdacht gründlich abklären, fordern die Autoren. Intestinale Würmer lassen sich im Stuhl nachweisen, oft erfordert dies wegen der unregelmässigen Ausscheidung jedoch mehrere Untersuchungen. Auch Charcot-Leyden-Kristalle im Stuhl können als Abbauprodukte eosinophiler Granulozyten auf Helminthen hindeuten. Wenn noch keine Wurmeier in den Fäzes ausgeschieden werden, ist die Serologie die Methode der Wahl. Antikörper-Suchtests erfassen mehrere Erreger gleichzeitig, was die Diagnostik erheblich erleichtert. Hiermit lassen sich auch schwache oder chronische Infektionen mit negativer Mikroskopie erkennen.
Als typisches Beispiel für den Nutzen der Serologie nennen die Experten einen 32-Jährigen, der zwei Monate in Westafrika verbrachte. Wegen Erschöpfung, Kopfschmerz, Fieber und Schlaflosigkeit suchte er 14 Tage nach seiner Rückkehr den Hausarzt auf. Das Blutbild war unauffällig und eine Malaria ausgeschlossen. Fünf Tage später erschien der Mann wegen persistierender Symptome erneut in der Praxis, jetzt bestand eine Eosinophilie von 18 %, vier Tage später sogar von 37 %. Da der Patient im Fluss gebadet hatte, erfolgte eine serologische Untersuchung auf Schistosomiasis (Bilharziose) – mit stark positivem Resultat. So konnte er früh gezielt behandelt werden, lange bevor der Nachweis im Stuhl und Urin gelang.

Zur Verlaufskontrolle eignet sich die Serologie bei der Bilharziose nicht, denn der Titer bleibt potenziell jahrelang positiv. Stattdessen lässt sich das zirkulierende Antigen (CCA, circulating cathodic antigen) im Urin nachweisen. Denn dieser Test reagiert nur positiv, wenn auch lebende adulte Würmer vorliegen. Allerdings kann es z. B. in der Schwangerschaft oder bei Harnwegs­infektion zu falsch-positiven Resultaten kommen.

Auf jeden Fall serologisch abgeklärt werden müssen – wegen des hohen Gefahrenpotenzials – Infektionen mit dem Zwergfadenwurm (Strongyloides stercoralis). Die Ansteckung erfolgt perkutan durch Larven, die in die Lunge und von dort ähnlich dem Spulwurm in den Darm gelangen. Dort reifen sie zu ausschliesslich weiblichen Adultformen heran und legen Eier. Die aus den unbefruchteten Eiern (Parthenogenese) geschlüpften Larven werden mit dem Stuhl ausgeschieden oder entwickeln sich bereits im Darm zur infektiösen Form – und lösen dann eine lebensbedrohliche disseminierte Erkrankung aus. Besonders häufig passiert das unter einer sys­temischen Steroidtherapie. Deshalb muss bei entsprechender Reiseanamnese vor der Gabe eine Infektion ausgeschlossen werden.

Zwergfadenwurm hinterlässt zunächst nur einen Juckreiz

Beispielhaft nennen die Autoren einen 45-jährigen Forscher, der regelmässig nach Asien und Latein­amerika reiste und wegen juckender Hautläsionen den Tropenarzt aufsuchte – die Beschwerden waren da schon wieder verschwunden. Drei Standard-Stuhluntersuchungen waren negativ, schliesslich zeigte sich eine diskrete Eosinophilie (7 %) im Blut. Unter dem Verdacht auf eine Larva currens (s. unten) erfolgte eine Strongyloidose-Serologie – hoch positiv! In einem speziellen Stuhltest liess sich letztlich Strongyloides stercoralis nachweisen.

Die Zwergfadenwurminfektion erfolgt in Endemiegebieten beim Barfussgehen auf feuchter Erde. Von einer Larva currens spricht man, weil diese plötzlich unter der Haut erscheint und meist innerhalb von Minuten bis Stunden im Gewebe verschwindet – und nur den Juckreiz hinterlässt. Zur Therapie eignet sich z. B. Ivermectin (off-label). Die Verlaufskontrolle kann im Gegensatz zur Bilharziose serologisch erfolgen, der Titer fällt meist innerhalb eines Jahres stark ab, wird eventuell sogar negativ.

Marti H, Hatz C. Therapeutische Umschau 2017; 74: 297–300.