Medical Tribune
4. Jan. 2024Ersetzt der desNIPT bald Chorionzottenbiopsie und Amniozentese?

Schwangeren-Bluttest identifiziert Erbkrankheiten beim Ungeborenen

Ein einfacher Bluttest (desNIPT) bei Schwangeren könnte in Zukunft die meisten genetisch bedingten Erkrankungen beim Ungeborenen erkennen. Der desNIPT würde damit invasive Untersuchungen zum Nachweis von Erbkrankheiten ablösen.

Mit einem Bluttest lassen sich Erbkrankheiten beim Ungeborenen früh erkennen.
liderina/stock.adobe.com

Ein dänisches Forscherteam hat ein Screening entwickelt, das die meisten bekannten Erbkrankheiten schon während der Schwangerschaft in einer Blutprobe der Mutter bestimmen kann.

Bluttest gleich sensitiv wie invasive Methoden

In einer Proof-of-Concept-Studie, die kürzlich in New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, untersuchten die Forscher 36 Schwangerschaften (1). Bei den Frauen hatte es im Ultraschall Auffälligkeiten gegeben, die auf eine mögliche Erbkrankheit hinwiesen. Ihnen wurde im ersten oder zweiten Trimenon eine Blutprobe zum Nachweis von krankheitsverursachenden Genvarianten beim Kind entnommen.

Bei insgesamt elf der auffälligen Schwangerschaften wurde mit der neuen Methode (desNIPT) tatsächlich eine krankheitsverursachende Veränderung beim ungeborenen Kind festgestellt. Die An- und Abwesenheit der Genvarianten wurde in allen 36 Fällen durch eine Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese bestätigt. Falsch positive oder negative Fälle gab es damit keine.

desNIPT weist auch kleinere Veränderungen im Erbgut nach

In der Schwangerschaft gelangen sehr geringe Mengen fetaler DNA über die Plazenta in das Blut der Mutter. Das nützt unter anderem der bereits seit rund zehn Jahren angewendete nicht-invasive Pränataltest (NIPT), mit dem Chromosomenanomalien wie die Trisomie 13, 18 und 21, sowie grosse genetische Anomalien wie Mikrodeletionen oder Fehlverteilungen der Geschlechtschromosomen bestimmt werden können.

Beim desNIPT handelt es sich um eine Weiterentwicklung des NIPT. Dazu werden wie beim NIPT Fragmente fetaler DNA aus dem Blut der Mutter isoliert. Im Anschluss werden diese jedoch nicht nur wie beim NIPT den Chromosomen zugeordnet und gezählt, sondern mittels Exom-Sequenzierung analysiert und mit einer Genom-Referenz mit nicht krankheitsverursachenden Varianten verglichen.

Der Bluttest ist damit wesentlich sensitiver als der NIPT und kann auch subtilere Veränderungen in der fetalen DNA nachweisen.

Viele Erbkrankheiten werden erst nach der Geburt entdeckt

Werden im Ultraschall Anzeichen beobachtet, die auf eine mögliche Erbkrankheit schliessen lassen, ist es aktuell bereits möglich, diese zu diagnostizieren – allerdings nur mittels invasiver Untersuchungen.

Dazu wird entweder per Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie genetisches Material des Ungeborenen entnommen, das zum genetischen Nachweis per Exom-Sequenzierung dient. Beide Untersuchungen sind für die Schwangere unangenehm und gehen mit einem kleinen Risiko für eine Fehlgeburt einher. Viele Frauen entscheiden sich daher gegen die Untersuchung, womit viele Erbkrankheiten nicht vor der Geburt entdeckt werden.

Der desNIPT könnte in dieser Situation Abhilfe schaffen, zumal er sehr genau ist, und damit die Gefahr für ungerechtfertigte Folgeuntersuchungen gering. Da es sich um eine «Proof-of-Concept»-Studie handelt, muss der Test zuvor in einer grösseren Studie validiert werden, bevor er schwangeren Frauen zur Verfügung gestellt werden kann.