Medical Tribune
28. Apr. 2023Enzyminduzierende Medikamente und hormonelle Kontrazeption

Kontrazeption: Wechselwirkungen im Auge haben

Bei gleichzeitiger Einnahme von Pille und enzyminduzierten Medikamenten kann es zu Wechselwirkungen kommen. Diese können die Verhütung gefährden und die Wirksamkeit anderer Arzneimittel herabsetzen. Eine Expertin erklärt, wie die Kontrazeption dennoch gelingt.

Bei hormoneller Kontrazeption sollte man auf Wechselwirkungen achten.
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Wechselwirkungen können die Wirksamkeit einer hormonellen Kontrazeption herabsetzen oder den Serumspiegel des enzyminduzierenden Medikaments verändern, erklärt Professor Dr. Petra Stute, Leitende Ärztin und stv. Chefärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern (1).

Kontrazeptivum durch Barrieremethoden stärken

Drei Situationen gilt es auseinanderzuhalten, wenn die Sorge besteht, die Einnahme eines enzyminduzierenden Medikamentes könnte die Wirksamkeit der hormonellen Kontrazeption beeinträchtigen. Verhütet eine Frau hormonell und ist kurzfristig – für weniger als zwei Monate – die Gabe eines enzyminduzierenden Medikaments geplant, sollte sie eher eine höher dosierte Pille mit 30 µg Ethinylestradiol einnehmen, keine Pillenpause machen und unbedingt zusätzlich mit einer Barrieremethode verhüten, betont die Expertin.

Die Barrieremethode muss ausserdem noch einen Monat nach Abschluss der Behandlung mit einem enzyminduzierenden Medikament fortgeführt werden.

Muss die Patientin ein solches Präparat länger als zwei Monate einnehmen, sollte die Ethinylestradiol-Dosis über 30 µg liegen. «Mit Blick auf die Nebenwirkungen bietet es sich jedoch in diesem Fall eher an, auf eine Spirale zu wechseln», erklärte Prof. Stute. Auch wenn eine Frau mit einem Gestagen-Monopräparat verhütet und zusätzlich ein enzyminduzierendes Medikament bekommt, ist zur sicheren Schwangerschaftsverhütung zusätzlich eine Barrieremethode notwendig.

Notfallverhütung mit Levonorgestrel

Benötigt eine Frau unter einem enzyminduzierenden Medikament eine Notfallverhütung, sollte diese aus zwei Tabletten Levonorgestrel und nicht aus Ulipristalacetat bestehen. «Die noch bessere Notfallkontrazeption wäre in dieser Situation eine Kupferspirale», so die Referentin.

Medikamente, welche die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva reduzieren können, sind in der S3-Leitlinie aufgelistet. Das betrifft vor allem Arzneimittel, die die Aktivität des Enzyms CYP3A4 steigern, darunter etwa einige Antikonvulsiva und einige Antibiotika (siehe Kasten). Aber auch Johanniskraut-Präparate können Wechselwirkungen mit einer kombinierten hormonellen Verhütung verursachen – dies allerdings nur bei einem hohen Hyperforingehalt. Speziell für den hyperforinarmen Extrakt Ze 117 hat eine Medikamenten-Interaktionsstudie explizit nachgewiesen, dass es keine Interaktionen mit einer hormonellen Kontrazeption gibt.

Beispiele für Wirkstoffe CYP3A4-induzierender Wirkung:

  • Carbamazepin
  • Efavirenz
  • Griseofulvin
  • Johanniskraut
  • Phenytoin
  • Primidon
  • Rifabutin
  • Rifampicin

Pilleneinnahme beeinflusst Neuroleptika-Spiegel

Und was gilt es zu beachten, wenn die Sorge besteht, eine hormonelle Kontrazeption könne die Wirksamkeit von Medikamenten verändern? Diese Frage stellt sich im Alltag unter anderem, wenn bei einer Patientin unter einem enzyminduzierenden Neuroleptikum und einer stabilen Kontrazeption ein Wechsel des Pilleneinnahme-Schemas ansteht.

«Über den Wechsel auf ein neues Regime muss der Neurologe informiert werden», betont Prof. Stute. «Denn die Änderung kann Konsequenzen für den Wirkstoffspiegel des Neuroleptikums haben.»