Medical Tribune
20. März 2023Erste Daten geben Sicherheit

Kinderwunsch beim frühen hormonsensitiven Brustkrebs

Haben Patientinnen mit frühem, hormonsensitivem Mammakarzinom einen Kinderwunsch, so können sie die adjuvante endokrine Therapie vorübergehend unterbrechen, um schwanger zu werden. Das legen nun erstmals prospektive Daten nahe.

Illustration: Frau vor einem großen Spiegel, sieht ein Spiegelbild eines schwangeren Mädchens
Nosyrevy/GettyImages

Jede zehnte Frau mit Brustkrebs ist jünger als 45 Jahre.

Der Kinderwunsch und die Chance auf ein gesundes Kind ist für viele junge Frauen mit frühem, potenziell heilbarem Mammakarzinom ein wichtiges Thema. Forscher untersuchten in einer internationalen, einarmigen Studie, ob die Patientinnen eine adjuvante endokrine Therapie unterbrechen können, um schwanger zu werden.

Eingeschlossen waren 518 prämenopausale Betroffene mit frühem HR+/HER2- Brustkrebs – mehrheitlich der Stadien I–II (Stadium III: 6%). Zwei Drittel hatten keinen Lymphknotenbefall, das mediane Alter betrug 37 Jahre. Drei Viertel der Erkrankten waren vorher noch nicht schwanger, berichtet Prof. Dr. Ann H. Partridge, Dana-Farber Cancer Institute, Boston (1).

Rezidive traten nicht relevant häufiger auf

Die ersten Ergebnisse, die auf einer medianen Nachbeob­achtungszeit von 41 Monaten basieren, ergaben keine klinisch relevanten Unterschiede zur Vergleichskohorte hinsichtlich der aufgetretenen Rezidive: Einen Rückfall in der Brust erlitten 8,9 vs. 9,2 Prozent (HR 0,81) und eine Fernmetastasierung 4,5 vs. 5,8 Prozent der Patientinnen (HR 0,70).

Keine Hinweise auf vermehrte Geburtsfehler

Der Schwangerschaftsstatus konnte von 497 Frauen nachverfolgt werden: Davon wurden 74 Prozent mindestens einmal schwanger, darunter 70 Prozent innerhalb von zwei Jahren. 86 Prozent (317/368) hatten mindestens eine Lebendgeburt. Von den insgesamt 365 geborenen Kindern waren 92 Prozent normalgewichtig; bei acht Prozent lag das Geburtsgewicht < 2500 g. Geburtsfehler traten mit zwei Prozent selten auf. Auch die Mütter wiesen keine erhöhte Komplikationsrate auf.

Zum Auswertungszeitpunkt hatten 76 Prozent der Patientinnen die adjuvante endokrine Therapie nach der Schwangerschaft planmässig fortgeführt, davon etwa die Hälfte innerhalb von 26 Monaten. Acht Prozent der Frauen hatten ein Rezidiv erlitten oder waren an ihrer Erkrankung gestorben. Die restlichen Teilnehmerinnen hatten die adjuvante endokrine Behandlung noch nicht wieder aufgenommen.

Die vorliegenden Daten deuten laut Prof. Partridge darauf hin, dass eine vorübergehende Unterbrechung der adjuvanten endokrinen Therapie für eine Schwangerschaft das frühe Rezidivrisiko nicht erhöht. Auch für die Neugeborenen wurden keine klinisch relevanten Nachteile beobachtet. Ein längeres Follow-up sei jedoch sinnvoll und auch geplant. Die Daten unterstreichen, so die Referentin, die Notwendigkeit einer patientinnenzentrierten reproduktiven Gesundheitsvorsorge im Zuge der Behandlung junger Betroffener.

Design der POSITIVE-Studie

Die Frauen mussten 18–30 Monate adjuvant endokrin behandelt worden sein, bevor eine vorübergehende Therapieunterbrechung erlaubt war. Dem schloss sich eine dreimonatige Wash-out-Phase an, so Prof. Partridge. Primärer Studien­endpunkt war das brustkrebsfreie Intervall im Vergleich zu einer externen historischen Vergleichskohorte aus den SOFT/TEXT-Studien.

Referenz

Partridge AH et al. San Antonio Breast Cancer Symposium 2022; GS4-09
San Antonio Breast Cancer Symposium 2022