Medical Tribune
14. Feb. 2022Fallbericht

Pseudomelanose durch Kopfwehtropfen

Die Pseudomelanosis coli wird zwar am häufigsten durch die Einnahme anthrachinonhaltiger pflanzlicher Laxanzien ausgelöst. Eine Forschergruppe aus St. Gallen stellt einen Fallbericht vor, bei dem die Ursache möglicherweise beim Heilpraktiker der Patientin zu finden war.

Frau tropft eine Flüssigkeit aus einer Flasche auf einen Löffel
iStock/VvoeVale

Bei der Pseudomelanosis coli handelt sich i.d.R. um einen sporadischen Koloskopiebefund (oft im proximalen Teil). Die Diagnose wird histologisch gesichert.

Die dunkle Farbe der Darmwand entsteht bei der Pseudomelanose durch die Einlagerung von Lipofuszin in die Lamina propria der Darmmukosa. Dieser körpereigene Farbstoff bildet sich beim Abbau apoptotischer Kolonepithelzellen. Wie dunkel sich die Mukosa verfärbt, ist individuell verschieden.

Schwierige Ursachenforschung

Abzugrenzen ist die Pseudomelanose von der echten Melanose. Diese, ausgelöst durch das namensgebende Pigment, kann sich z.B. im Rahmen eines Peutz-Jeghers-Syndroms entwickeln und bedeutet für den Patienten ein erhöhtes Krebsrisiko. Die Pseudomelanose ist dagegen harmlos und verursacht keine Beschwerden. Sie tritt vor allem bei älteren Menschen auf, die anthranoidhaltige Laxanzien einnehmen. Eine Assoziation zu osmotisch wirksamen Laxanzien wurde bisher nicht gezeigt.

Wie schwierig die Ursachenklärung im Einzelfall sein kann, zeigt das Beispiel einer 49-jährigen Patientin mit Morbus Crohn. Ihr Fall wurde von Tomislav­ Stjepic­ und Kollegen vom Kantonsspital Sankt Gallen im "Swiss Medical Forum" veröffentlicht. Bei dieser Frau fiel im Rahmen einer Verlaufskoloskopie eine neu aufgetretene Dunkelfärbung des gesamten Kolons auf, die sich feingeweblich als Pseudomelanose erwies. Anthrachinonhaltige Laxanzien hatte die Patientin nicht eingenommen, ebenso wenig potenziell kolorierende Eisen­präparate.

An sonstigen Erkrankungen litt die Patientin nicht

Auch CED können Pigmentablagerungen auslösen. Aber nach einem Jahr endoskopisch nachgewiesener Remission schien dieser Zusammenhang bei der Frau unwahrscheinlich. Zudem ergab die Gewebeuntersuchung keinerlei Hinweis auf eine Reaktivierung des M. Crohn. An Diabetes, Hypertonie und Niereninsuffizienz, die als weitere mögliche Ursachen für eine Pseudomelanose beschrieben wurden, litt die Patientin nicht.

Die Bedarfsmedikation mit Ibuprofen gegen Kopfschmerzen kam ebenfalls nicht als wahrscheinlicher Auslöser in Betracht, da sie auf diese in der Vergangenheit bereits öfter zurückgegriffen hatte. Am ehesten vermuten die Autoren einen Zusammenhang mit den Tropfen, die ein Heilpraktiker zur Behandlung der Cephalgie empfohlen und nach deren Anwendung die Patientin auch eine passagere Schwarzfärbung ihres Stuhls beobachtet hatte. In diesem Fall hätte bereits eine zweitägige Anwendung mit je 50 Tropfen für die ausgedehnte Pseudomelanose gesorgt.

Auch nach einem Jahr wies der Darm der Patientin noch erhebliche Verfärbungen auf. Diese waren erst bei einer Kontrollkoloskopie nach zwei Jahren verschwunden. Eine anthrachinon­bedingte Pseudomelanose bildet sich dagegen meist innerhalb von zwölf Monaten zurück.

Der genaue Grund der Verfärbung blieb ungeklärt

Als Nebenwirkung des in diesem Fall eingesetzten Medizinprodukts wurde die Verdunklung der Darmmukosa noch nicht beschrieben. Entsprechend unklar bleibt bislang der Mechanismus, der für die Verfärbung sorgen könnte. Laut Gebrauchsanweisung enthalten 100 g Tropfen 30 g eines Kalium-Eisen(III)-Phosphat-Citrat-Komplexes, der Ammoniak im Darm bindet.

Referenz

Stjepic T et al. Pseudomelanosis coli ohne ­Laxantieneinnahme. Swiss Med Forum 2021; 21: 724-726; doi: 10.4414/smf.2021.08703