Medical Tribune
28. Juli 2015Infektiöse Gastroenteritis

Diagnostik bei akuter Gastroenteritis

Bei einer "normalen" infektiösen Gastroenteritis bedarf es keiner routinemässigen Suche nach dem Erreger, so lautet der klare Konsens in der DGVS-Leitlinie zur akuten Gastroenteritis. Meist ist die Erkrankung selbst limitierend und zu dem Zeitpunkt, an dem man den Erreger eruiert hat, ist der Patient längst wieder gesund.

Doch natürlich gibt es eine ganze Reihe von Ausnahmen. Diese können in der besonderen Gefährdung des Patienten liegen, zum Beispiel bei schweren Komorbiditäten oder Immunsuppression. Eine weitere Indikation für die Fahndung nach dem auslösendem Erreger kann die Schwere des Krankheitsbildes sein (blutige Diarrhö, Fieber, Dehydrierung, SIRS, Hospitalisierung).

Akute Gastroenteritis limitiert sich meist selbst

Der Schutz anderer Menschen kann die Erregersuche sinnvoll machen (zum Beispiel bei der Arbeit in Gemeinschaftseinrichtungen oder Lebensmittel verarbeitenden Instituten oder bei auffälliger Häufung von Erkrankungen). Ebenfalls bei stattgehabter Antibiotikatherapie in den letzten drei Monaten oder bei Verdacht auf nosokomiale Infektion.

Bei ambulanten Patienten sollte man zuerst an die häufigsten relevanten Auslöser von Brechdurchfall denken. Dazu gehören bei uns Campylobacter, Salmonellen, Shigellen und Noroviren. Eine durch Shigellen ausgelöste Ruhr ist mit 300 bis 1000 Krankheitsfällen pro Jahr bei uns zwar relativ selten – da die Erreger sich in Stuhlproben nicht lange halten, könnte die Dunkelziffer aber höher sein.

Isolation nur bei Gefahr für Dritte veranlassen

Ebenfalls sehr häufige Erreger von Durchfallerkrankungen sind Rotaviren. Die Ersteller der Leitlinie kamen aber zu dem Schluss, dass eine Diagnostik wegen fehlender therapeutischer Konsequenzen nicht notwendig ist. Im Krankenhaus dagegen werden bei Verdacht auf infektiöse Gastroenteritis die Isolierung und der Erregernachweis ohnehin erfolgen, um einen Ausbruch zu verhindern.

Das Gleiche gilt zumindest bei Erwachsenen auch für Yersinien-Infektionen. Bei der klinischen Trias "blutige Diarrhö, Hämolyse und Thrombozytenabfall" sollte die Diagnostik um den mikrobiologischen Nachweis von EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli) erweitert werden. Dies gilt auch, wenn an Durchfall erkrankte Personen durch ihre Tätigkeit in Lebensmittelbetrieben eine mögliche Ansteckungsquelle darstellen.

Bei Fieber zusätzlich Blutkulturen anlegen

Bei besonders schweren Erkrankungen oder Fernreisen in der Anamnese muss die Diagnostik möglicherweise ausgedehnt werden. Laboruntersuchungen, wie Blutbild, Elektrolyte, Kreatinin und CRP, dienen vor allem der Einschätzung des Schweregrades der Erkrankung. Bei Fieber sollten zusätzlich Blutkulturen angelegt werden.

Auch die abdominelle Sonographie mit Nachweis dilatierter Darmschlingen, Peristaltik, freier Flüssigkeit oder Lymphknotenbeteiligung kann sinnvoll sein, um den Schweregrad zu beurteilen. Im Einzelfall ist evtl. auch ein Computertomogramm hilfreich.

Pilze- und Stuhldiagnose bei Durchfall nicht zielführend

Häufig überschätzt bei akuter Gastroenteritis wird dagegen der Stellenwert der Endoskopie. Nur bei besonderem Risikoprofil (Patienten mit Immundefekten, Fernreisen, Verdacht auf M. Whipple) oder bei chronischen Diarrhöen trägt der direkte Blick in den Darm zur Differenzialdiagnose bei.

Eindeutig nicht indiziert sind bei akuten Durchfallerkrankungen Untersuchungen auf Pilze im Darm, heisst es in der Leitlinie. Auch fäkale Entzündungsparameter haben keinen Stellenwert, da sie nicht gut mit der Schwere der Erkrankungen korrelieren. Lediglich zur Abgrenzung gegenüber rein funktionellen Störungen kann die Bestimmung sinnvoll sein.

Immunschwäche kann Gastroenteritis wesentlich verlängern

Die Untersuchung von Stuhlproben auf Erreger sollte möglichst bald nach Beginn der Symptome in ein bis zwei geeigneten Stuhlproben (3-5 ml) erfolgen. Sistieren die Durchfälle bereits, ist die Erregerdichte meist nur noch gering und die Erfolgsaussichten schwinden. Bei Verdacht auf Parasitosen sind bis zu drei Stuhlproben erforderlich. Nach Möglichkeit sollte die Transportzeit bis zum Labor nicht mehr als zwölf Stunden betragen.

Bei chronischer Diarrhö (Dauer über vier Wochen) muss man zwar an viele mögliche Ursachen denken – auch hier sollte aber immer eine Infektion ausgeschlossen werden. In der Regel ist eine infektiöse Gastroenteritis zwar nach spätestens ein bis zwei Wochen ausgestanden – insbesondere bei eingeschränkter Immunfunktion kann sie aber im Einzelfall auch deutlich länger dauern.

Quelle: Stefan Hagel et al., S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple; AWMF-Registernummer 021/024