Medical Tribune
23. Mai 2024Einfluss auf Blutzuckereinstellung und Gesundheit

Schlaf und Typ-2-Diabetes

Schlaf spielt eine wichtige Rolle im Leben von Menschen mit Typ-2-Diabetes. Denn die Dauer und Qualität des Schlafs haben einen erheblichen Einfluss auf die Blutzuckereinstellung, das kardiovaskuläre Risiko und die Mortalität.

Die Schlafdauer und -qualität wirken sich auf das Diabetesrisiko und die glykämische Kontrolle aus.
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Die Schlafdauer und -qualität wirken sich auf das Diabetesrisiko und die glykämische Kontrolle aus.

Schlaf ist ein aktiver Zustand, der metabolische, endokrine und kardiovaskuläre Prozesse beeinflusst. So wird unser Körper, wenn wir zu wenig schlafen, in einen Stresszustand versetzt: der Sympathikus wird aktiviert, der Cortisolspiegel steigt. Das wirkt sich auch negativ auf Insulinresistenz und -sekretion aus. Zudem steigt dann die Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen und die Fettverbrennung wird verstärkt.

Besonders für Menschen mit Typ-2-Diabetes ist Schlaf daher von grosser Bedeutung.

Schlaf erstmalig als wichtige Lebensstilmassnahme in EASD/ADA-Leitlinien aufgenommen

Lange Zeit wurde dem Schlaf in Leitlinien jedoch wenig Beachtung geschenkt. Das hat sich nun geändert.

Die European Association for the Study of Diabetes und die American Diabetes Association haben in ihrem neuesten Konsensusbericht zum Management von Typ-2-Diabetes den Schlaf erstmals als gleichwertige Lebensstil-Massnahme neben Ernährung und körperlicher Aktivität aufgenommen. Dr. Joseph Henson von der Universität Leicester und seine Kollegen haben die zugrunde liegende Evidenz untersucht (1).

Dauer des Nachtschlafs beeinflusst Diabetesrisiko

Bereits das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, wird vom Schlaf beeinflusst. Menschen, die sieben Stunden pro Nacht schlafen, haben das geringste Risiko. Jede Stunde weniger oder mehr erhöht das Risiko um neun bis 14 Prozent.

Zu lange Schlafzeiten scheinen jedoch weniger negativ zu wirken als zu kurze. Auch eine schlechte Schlafqualität ist mit einem um 40 bis 84 Prozent erhöhten Risiko für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes verbunden. Menschen, die spät zu Bett gehen und spät aufstehen, haben ein 2,5-fach erhöhtes Diabetes-Risiko im Vergleich zu Frühaufstehern, unabhängig von der Schlafdauer und -qualität.

Schichtarbeiter haben zudem ein um zehn Prozent höheres Risiko im Vergleich zu Personen mit einem regelmässigen Schlaf-Wach-Rhythmus.

Schlaf normalisiert Metabolismus

Schlafdauer, -qualität und -zeitpunkt haben aber auch Auswirkungen auf den Blutzucker und das kardiovaskuläre Risiko bei Typ-2-Diabetes. Sowohl bei Langschläfern (mehr als 8 Stunden) als auch bei Kurzschläfern (weniger als 6 Stunden) wurden dabei negative Effekte auf den HbA1c-Wert und den Nüchternblutzucker beobachtet. Eine kurze Schlafdauer ist zudem mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden. In einer Studie mit einer UK-Biobank-Kohorte hatten Personen, die weniger als 5 Stunden pro Nacht schliefen, ein um 42 bis 70 Prozent erhöhtes Risiko für ischämische Schlaganfälle und kardiovaskuläre Mortalität.

Eine schlechte Schlafqualität ist ein signifikanter Prädiktor für eine Verschlechterung des HbA1c-Werts bei Patienten mit mindestens einer diabetesbedingten Komplikation. Bei frisch diagnostizierten Patienten (weniger als 6 Monate) war das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen etwa um 24 Prozent erhöht, wenn die Schlafqualität schlecht war. Ähnliche Ergebnisse wurden für die Mortalität gefunden. Bei Menschen mit Diabetes, die spät ins Bett gehen oder im Schichtdienst arbeiten, ist ebenfalls die glykämische Kontrolle beeinträchtigt und das kardiovaskuläre Risiko erhöht.

Schlafqualität mit kognitiver Verhaltenstherapie bessern

Eine Verlängerung der Schlafdauer bei Kurzschläfern verbessert dabei die Insulinsensitivität und reduziert die tägliche Energiezufuhr.

Erreichen lässt sich eine Verbesserung der Schlafqualität und -dauer insbesondere über eine spezielle kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie. Bei Patienten mit Diabetes wurden die meisten Studien jedoch mit der Standardform der Verhaltenstherapie durchgeführt. Eine Metaanalyse hat jedoch gezeigt, dass auch damit die Schlafqualität und die glykämische Kontrolle verbessert werden können..

Wichtig ist, dass Patienten die Zusammenhänge zwischen Diabetes und Schlaf verstehen. Kurzfristig kann die Einnahme von retardiertem Melatonin die Schlafqualität verbessern, aber der Effekt des Wirkstoffs auf den Blutzucker ist noch nicht klar.