Praxis-Tipps zur chronischen Pankreatitis
Bei der chronischen Pankreatitis geht infolge der rezidivierenden Entzündungsschübe immer mehr gesundes Drüsengewebe zugrunde und das Parenchym wird durch fibrotisches Bindegewebe ersetzt. Zusätzlich kann es zu Komplikationen wie Pankreasgangstenosen und -steinen sowie Pseudozysten und Abszessen kommen.
Schmerzen und ein Nachlassen der exkretorischen und endokrinen Funktion sind typische Folgen einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung, die bei Erwachsenen häufig durch Alkoholmissbrauch ausgelöst wird.
Wie man die Folgen der Entzündung in den Griff bekommt, beschreibt eine neue S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), die unter der Federführung von Privatdozent Dr. Albrecht Hoffmeister von der Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie der Universität Leipzig verfasst wurde.
Säureschutz, damit die Enzyme wirken
Die Substitution mit Pankreasenzymen ist notwendig, wenn der Patient mehr als 10 % seines Körpergewichts verloren hat, eine Steatorrhö mit Stuhlfettausscheidung über 15 g pro Tag bzw. zwischen sieben und 15 g täglich plus dyspeptische Beschwerden mit starkem Meteorismus oder Durchfall aufweist.
Die meisten Enzympräparate enthalten Pankreatin, einen pulverisierten Extrakt aus Schweinepankreas mit den Hauptkomponenten Lipase, Amylase, Trypsin und Chymotrypsin. Weil Pankreasenzyme nicht säurestabil sind, empfiehlt es sich, bei Patienten mit erhaltener Magensäuresekretion Präparate mit Säureschutz zu verwenden.
Pankreatinpräparate werden entsprechend der Lipaseaktivität dosiert. Pro Hauptmahlzeit sollen 20 000 bis 40 000 Einheiten Lipase als Einstiegsdosis gegeben werden, bei Zwischenmahlzeiten reichen oft 10 000 bis 20 000 Einheiten. Der Erfolg der Enzymsubstitution sollte in erster Linie anhand der Klinik beurteilt werden (Gewichtszunahme, Nachlassen abdomineller Symptome).
Zeigen die genannten Dosen nicht den gewünschten Effekt, können sie verdoppelt und sogar verdreifacht werden.
Was die Ernährung anbelangt, so sollten Patienten mit chronischer Pankreatitis grundsätzlich eine normale isokalorische Kost (unter adäquater Pankreasenzymsubstitution) bekommen, möglichst auf vier bis sechs kleinere Mahlzeiten verteilt.
Alkohol ist absolut tabu bei einer Pankreatitis
Selbstverständlich ist Alkohol bei chronischer Pankreatitis tabu. Eine fettarme Ernährung ist nicht unbedingt erforderlich. Falls es trotz oraler Enzymsubstitution zu subjektiv belastenden Zeichen einer Fettmaldigestion kommt, kann die oral zugeführte Fettmenge gesenkt werden. Zum Ausgleich sollte der Patient dann allerdings mehr Kalorien in Form von Proteinen und Kohlenhydraten verzehren.
Für Patienten, die keine Enzymsubstitution erhalten, kann die Aufnahme mittelkettiger Triglyzeride sinnvoll sein, die ohne Hilfe der Lipase resorbiert werden. Unter Enzymgabe werden diese Triglyzeride nicht empfohlen.
Patienten mit fortgeschrittener exokriner Pankreasinsuffizienz benötigen zur Deckung ihres Kalorienbedarfs eventuell orale flüssige Zusatznahrung oder enterale bzw. parenterale Ernährung. Defizite an Vitaminen oder Spurenelementen sollen gezielt ausgeglichen werden.
Bei einzelnen Steinen helfen Stosswellen
Bei der grossen Mehrheit der Patienten mit chronischer Pankreatitis (80 bis 95 %) sind Schmerzen das Leitsymptom. Zu diesen Schmerzen tragen verschiedene Ursachen bei, unter anderem die entzündliche Infiltration des Parenchyms, eine Abflussbehinderung des Drüsenssekrets infolge von Gangstenosen oder Steinen sowie eine erhöhte Pankreaskapselspannung (z.B. bei Pseudozysten).
Die Schmerztherapie kann nach dem WHO-Stufenschema erfolgen, schreiben die Leitlinien-Autoren. Doch sollte der Erfolg der konservativen Therapie regelmässig überprüft werden, um die Behandlung bei Bedarf um ein endoskopisches oder chirurgisches Verfahren zu erweitern.
Zwischen 30 und 60 % der Patienten mit chronischer Pankreatitis bedürfen im Krankheitsverlauf einer Intervention, beispielsweise einer endoskopischen oder operativen Drainage, wenn eine Pankreaspseudozyste Beschwerden macht, oder einer endoskopischen Dilatation und Stenteinlage bei Pankreasgangstenose.
Einzelne Pankreassteine, die zu Abflussbehinderung und Sekretstau führen und dadurch Schmerzen verursachen, können mit extrakorporaler Stosswellenlithotripsie behandelt werden.
Albrecht Hoffmeister et al.,