Parvovirus B19-Infektionen können auch Erwachsene treffen
Rote Wangen und ringelförmiger Hautausschlag: Bei Kindern erkennt man eine Infektion mit Parvovirus B19 leicht. Bei Erwachsenen hingegen wird sie oft falsch oder zu spät diagnostiziert.
Eine 38-jährige Frau kommt in die Notaufnahme. Seit dem Vortag hat sie einen juckenden Hautausschlag, der sich vom Rücken auf die Extremitäten ausgebreitet hat.
Seit fünf Tagen leidet sie unter Fieber bis 39 °C und Schmerzen im Brustbereich der Wirbelsäule. Sie nahm Ibuprofen ein. Vorerkrankungen hat sie keine, die Anamnese ist unauffällig. So schildern Dr. Fabienne Wächter und Dr. Birgit Traichel vom Kantonsspital Münsterlingen die Situation (1).
Diagnose durch Blutuntersuchung
Klinisch zeigt sich ein feinfleckiges, makulopapulöses Exanthem ohne Bläschen oder Krusten. An Händen und Fusssohlen verspürt die Patientin ein Brennen, diese Bereiche sind exanthemfrei.
Die Fingergelenke sind leicht geschwollen und schmerzen bei Bewegung. Die Blutuntersuchung zeigt eine milde, hyporegenerative, normochrome, normozytäre Anämie (Hämoglobin 115 g/l, Retikulozyten 0,01 T/l) und eine neu dokumentierte Thrombozytopenie (75 G/l). Die übrigen Laborwerte sind normal.
Behandlung und Verlauf
Bei Verdacht auf Arzneimittelexanthem erhält die Patientin 2 mg Clemastin und 125 mg Methylprednison intravenös. Der Juckreiz lässt nach, das Exanthem bleibt jedoch unverändert. Wegen der Bizytopenie und Arthralgien lassen die Ärztinnen das Blut der Frau auf Parvovirus B19 untersuchen. Ein IgM-Wert von 18,0 (positiv) und negatives IgG (< 0,1) sprechen für eine kürzlich erfolgte Infektion. IgM-Antikörper gegen Parvovirus B19 sind sieben bis zehn Tage nach der Infektion im Serum nachweisbar, IgG-Antikörper weitere drei bis vier Tage später.
Exanthem, Juckreiz und Thrombozytopenie gehen bereits am nächsten Tag zurück, sodass die Patientin entlassen wird. Zwei Tage später ist der Ausschlag weg. Eine Woche später geht es der Patientin wieder gut. Die Arthralgien verschwinden nach einigen Tagen. Die Blutuntersuchung 13 Tage nach Entlassung zeigt normalisierte Werte. Zudem zeigt sich eine Serokonversion mit positiven IgM- und IgG-Antikörpern, die eine frische Parvovirus-B19-Infektion bestätigen. Dies passt dazu, dass in der Schulklasse der Tochter zuvor Ringelröteln aufgetreten waren.
Symptome und Verlauf bei Erwachsenen
Ringelröteln treten bei Erwachsenen selten und vor allem bei Frauen mittleren Alters auf. Generell kommt es vier Tage bis zwei Wochen nach der Tröpfcheninfektion zu grippeähnlichen Beschwerden wie Fieber, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen.
Kinder entwickeln oft die typische Rötung der Wangen und einen Ausschlag mit Girlanden und Ringeln an Stamm und Extremitäten, der in 50 Prozent der Fälle mit Juckreiz einhergeht. Bei Erwachsenen fehlt der charakteristische Hautausschlag häufig, dafür leiden sie öfter unter symmetrischen Gelenkschmerzen in Fingern und Händen.
Risiken und Komplikationen bei Parvovirus-B19-Infektionen
Eine Infektion mit Parvovirus B19 kann Blutbildveränderungen wie Thrombozytopenien und Anämien auslösen. Bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen (z. B. Sichelzellanämie, Thalassämie oder Sphärozytose) sind schwere Verläufe bis zur aplastischen Krise möglich.
Besonders kritisch ist eine Infektion mit dem Parvovirus B19 in der Schwangerschaft, wo sie zu schweren Komplikationen für den Fetus führen kann.
Therapie und Prävention
Die Therapie richtet sich nach den Symptomen. Infizierte sollten den Kontakt zu Schwangeren strikt meiden. Immunkompetente sind nach durchgemachter Erkrankung lebenslang immun.
- Wächter F, Traichel B. Juckendes Exanthem mit Arthralgien und Bizytopenie. Swiss Med Forum 2024; 24: 250–251; doi: 10.4414/smf.2024.1265515655