Medical Tribune
26. Dez. 2012

Gegen Fingerschnellen hilft Kortison

Die 62-Jährige klagt über Schmerzen über der Beugesehne am Grundgelenk des vierten Fingers. Beim Strecken muss sie oft mit der anderen Hand helfen. Dann hört man ein Klicken, typisch für den schnellenden Finger.

Die Tendinitis stenosans manifes­tiert sich wie bei der oben genannten Patientin meist im siebten Lebensjahrzehnt, Frauen und Diabetiker sind besonders häufig betroffen. Ausgelöst wird die Erkrankung durch eine entzündliche Einengung der Beugesehnenscheiden am Übergang von der Handfläche zu dem Finger.

Bewegungsbeeinträchtigung schon bei der Finger-Flexion?

Wie man dieses Krankheitsbild am besten diagnostiziert und behandelt, erläutert ein Handchirurg vom Imperial College in London. Als Erstes gilt es anamnestisch Art, Dauer und Stärke der Beschwerden abzuklären. Welche Finger sind betroffen? Besteht zudem eine Arthrose oder Arthritis? Wenn der Patient berichtet, dass der Finger schon in der Flexion blockiert war, weist dies auf eine schwerere Ausprägung der Tendinitis hin.

Bei der klinischen Untersuchung prüft man Hände und Finger auf Beweglichkeit, Schwellungen, Verletzungen und Gelenkschäden. Besteht eine Tendinitis stenosans, lassen sich palmar über den Metakarpalköpfchen häufig Knötchen tasten. Achten Sie auch auf Zeichen eines Karpaltunnelsyndroms (s. Kasten), erinnert der Kollege im “British Medical Journal”. Denn häufig kommt dieses Engpasssyndrom gemeinsam mit dem schnellenden Finger vor.

Schnellender Finger plus Karpaltunnel?

Zum Ausschluss eines begleitenden Karpaltunnelsyndroms sollte man bei Patienten mit schnellendem Finger nach einem Sensibilitätsverlust und Parästhesien im Bereich des N. medianus fahnden. Prüfen Sie das Tinel-Zeichen, indem Sie entlang des Medianus auf die Haut klopfen. Positiv ist der Test, wenn der Patient elektrisierende Sensibilitässtörungen im Versorgungsgebiet des Nerven angibt. Um das Phalen-Zeichen nachzuweisen, muss der Patient beide Handgelenke eine Minute lang maximal beugen (s. Abb.). Liegt eine Kompression des N. medianus vor, kommt es zu Taubheitsgefühl und Sensibilitätsstörungen.

Wirkung der Kortisonspritze setzt frühestens nach 48 Stunden ein

Therapeutisch geht man die Tendinitis stenosans zunächst mittels Steroidspritzen an. Unter Lokalanästhesie wird z.B. Betamethason (4 mg in 1 ml Lösung) im 45°-Winkel in das Ringband über dem Metakarpalköpfchen injiziert, wobei man mit dem Finger prüft, ob die Nadel versehentlich in der Sehne gelandet ist.

Bis zum Eintritt der Wirkung vergehen mindestens 48 Stunden, ggf. auch fünf Tage. Bewegen der Hände hilft, das Steroid zu verteilen, Schwerstarbeit ist tabu. In mehr als der Hälfte der Fälle genügt eine Spritze, um die Beschwerden zu vertreiben. Wenn nicht, lässt sich mit einer zweiten Injektion sechs Wochen später eine Erfolgsrate von 86 % erzielen. Komplikationen sind kaum zu erwarten.

Wenn Kortisonspritze nicht hilft kann ein kleiner Eingriff des Handchirurgen helfen!

Bringt auch die zweite Spritze keine Besserung oder ist der Finger in Beugestellung fixiert, sollte man den Patienten dem Handchirurgen vorstellen. Dieser löst die Sperre in Lokalanästhesie innerhalb weniger Minuten mittels palmarer Inzision. Die Erfolgsrate beträgt fast 100 % und Komplikationen wie schmerzhafte Narben, Nervenläsionen (mit sensorischem Defizit) oder ein “Restschnellen” sind selten.

Nicht indiziert ist der Eingriff bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, sie profitieren evtl. von einer Tenosynovektomie. Kommen weder Injektion noch Operation infrage oder lehnt der Patient beides ab, kann man versuchen den Finger in einer Schiene sechs Wochen ruhigzustellen. In 47 bis 70 % der Fälle bessert sich so der Befund, allerdings besteht dabei ein gewisses Risiko, dass das Gelenk einsteift.

Youtube-Video zur Schnappfinger-OP:

[youtube QOsslyrR4t4]

Quelle: John Henton et al., BMJ 2012; online first, Video: www.youtube.com