Medical Tribune
9. Mai 2024Futter für die Seele

Depressionen mit Ernährung verbessern

Die Beziehung zwischen psychischer Gesundheit und Stoffwechsel ist seit der Entdeckung der Darm-Hirn-Achse bekannt. Es ist erwiesen, dass Ernährung einen Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf von Depressionen haben können.

In Studien konnten Ernährungsinterventionen signifikant verbessern.
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Laut Prognosen der Weltgesundheitsorganisation werden Depressionen bis zum Jahr 2030 zu den weltweit häufigsten Erkrankungen zählen. Es ist jedoch alarmierend, dass nur etwa ein Drittel der Betroffenen mit den derzeit verfügbaren Behandlungsoptionen eine vollständige Symptomlinderung erreicht.

Bis zu 40 Prozent der mit Antidepressiva behandelten Patienten sprechen dabei nicht ausreichend auf die Therapie an, schreibt PD Dr. Sabrina Mörkl von der Medizinischen Universität Graz (1). Aus ihrer Sicht könnten biopsychosoziale Ansätze, die auch ernährungsmedizinische Aspekte berücksichtigen, die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Zukunft verbessern.

Erkrankte oft qualitativ mangelernährt

Die wechselseitige Beziehung zwischen Ernährung und Depressionen wird seit einigen Jahren intensiv erforscht. Dabei steht häufig das intestinale Mikrobiom im Fokus. PD Dr. Mörkl erklärt, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen zwar nicht quantitativ, aber häufig qualitativ mangelernährt sind. Ursachen dafür können der Antriebsmangel bei Depressionen, die Einnahme von Psychopharmaka oder ein gestörtes Essverhalten sein.

Umgekehrt kann die Ernährung die psychische Gesundheit sowohl negativ als auch positiv beeinflussen. Besonders bestimmte Mikronährstoffe spielen eine entscheidende Rolle beim Energiestoffwechsel und bei der Synthese von Neurotransmittern. Eine ausreichende Versorgung mit

  • Zink,
  • B-Vitaminen,
  • Vitamin D und
  • Magnesium

ist beispielsweise essenziell für die Serotoninsynthese.

Vitamin C, Folat und Kupfer sind unter anderem für die Biosynthese von Dopamin und Noradrenalin erforderlich.

Der Stoffwechsel verschiedener Neurotransmitter hängt dabei auch von der Versorgung mit Makronährstoffen ab. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren werden etwa nicht nur für die Synthese, sondern auch für die Freisetzung und die synaptische Verfügbarkeit von Dopamin und Serotonin benötigt.

Aus diesem Grund könnten ernährungsmedizinische Ansätze als Ergänzung zu Antidepressiva sinnvoll sein, erklärt PD Dr. Mörkl. Bei einer Mangelernährung könnte durch eine adäquate Zufuhr der fehlenden Nährstoffe möglicherweise ein zusätzlicher antidepressiver Effekt erzielt werden.

Mediterrane Ernährung ohne stark verarbeitete Lebensmittel

Studien belegen tatsächlich, dass Ernährungsinterventionen depressive Symptome signifikant reduzieren können, unabhängig von Veränderungen der körperlichen Aktivität und des Körpergewichts. PD Dr. Mörkl empfiehlt eine mediterrane, ballaststoffreiche und pflanzenbasierte Ernährung mit gesunden Ölen, Fisch und Meeresfrüchten sowie einem begrenzten Fleischkonsum sowohl zur Vorbeugung als auch zur Behandlung von Depressionen.

Dagegen scheint der Verzehr von stark verarbeiteten Lebensmitteln nicht empfehlenswert zu sein. Studien deuten darauf hin, dass dies das Risiko einer Depression oder Angsterkrankung erhöhen kann.

Depressionen stehen häufig in Zusammenhang mit Dysbalancen im Darmmikrobiom, einer gestörten Darmbarriere oder einer beeinträchtigten Funktion der Darm-Hirn-Achse. Daher ist der unterstützende Einsatz von Prä-, Pro- oder Synbiotika vielversprechend bei der Behandlung von depressiven Menschen. Postbiotika, insbesondere bakterielle Fermentationsprodukte wie Butyrat und Propionat, wirken offenbar entzündungshemmend.

Praktisch empfiehlt sich etwa die Integration fermentierter Lebensmittel wie

  • Sauerkraut,
  • Kimchi,
  • Joghurt oder
  • Kefir

in den Speiseplan. Auch einige Gewürze haben erwiesenermassen mikrobiommodulierende und antidepressive Effekte. So lassen sich mit Kurkuma-Extrakt (500–1000 mg/d Curcumin) bei sehr guter Verträglichkeit deutliche Effekte auf depressive Symptome erzielen. Für Safran belegen Metaanalysen die signifikante Wirksamkeit sowohl als Mono- als auch als Add-on-Therapie bei leichter bis mittelschwerer Depression.

Auch an soziale Kontakte und Bewegung denken

Da probiotische Therapien und ernährungsmedizinische Ansätze keine schwerwiegenden Nebenwirkungen haben, könnten sie laut der Autorin bereits jetzt standardmässig bei Patienten mit Depressionen eingesetzt werden.

Für eine umfassende biopsychosoziale Betrachtungsweise müssen jedoch neben der Ernährung und pharmakologischen Aspekten auch der gesamte Lebensstil berücksichtigt werden, einschliesslich sozialer Kontakte und körperlicher Aktivität der Patienten.