Medical Tribune
1. Feb. 2022Antihypertensiva

Komedikation kann Blutdruckkontrolle verschlechtern

Viele Hochdruckpatienten erreichen trotz Therapie ihre Zielwerte nicht. Ein Grund dafür könnte die Einnahme blutdrucksteigernder Medikamente sein. Die Komedikation sollten Ärzte daher regelmässig überprüfen.

Rotes Herz mit Sphygmomanometer
iStock/Dmitry Kovalchuk

Wie häufig es vorkommt, dass bei Hypertonie-Patienten blutdruckreibende Medikamente übersehen werden, hat eine Studie aus dem Jahr 2021 untersucht. Die Übersichtsstudie schloss 27 599 Erwachsenen im Alter von durchschnittlich 46,9 Jahren ein. Als Hochdruck wurde definiert, wenn die Person eine diagnostizierte Hypertonie hatte oder durchschnittliche Druckwerte ≥ 130 mmHg systolisch oder ≥ 80 mmHg aufwies. Bei diesen Druckwerten galt der Hochdruck zudem als unkontrolliert.

18 % der Hypertoniker (n=14 629) nahmen Medikamente ein, die den Blutdruck ansteigen lassen können. Dabei handelte es sich am häufigsten um Antidepressiva, gefolgt von NSAR, Glukokortikoiden und Östrogenen.

Das Risiko für einen unkontrollierten Hochdruck erhöhte sich durch die Einnahme blutdrucksteigernder Medikamente dabei nur bei den Teilnehmern ohne antihypertensive Therapie (OR = 1,24), nicht aber bei denen mit laufender Hochdrucktherapie.

Blutdrucksteigernde Medikamente erhöhen Antihypertensiva-Bedarf

Doch auch bei denjenigen, die Hochdruckmedikamente bekamen, zeigte sich ein Effekt. Je mehr blutdrucksteigernde Medikamente die Patienten schluckten, desto höher war die Anzahl an verordneten Antihypertensiva. Das galt sowohl für Patienten mit kontrolliertem als auch mit unkontrolliertem Hochdruck.

Ist die Blutdruckkontrolle mangelhaft, könnte also der Gebrauch blutdrucksteigernder Komedikationen schuld sein. "Bei betroffenen Patienten bietet sich die Möglichkeit, die Hochdrucktherapie zu verbessern", schreiben die Autoren.

Auf blutdruckneutrale Alternativen setzen

Denn für viele blutdrucksteigernde Medikamente gibt es Alternativen. So könne man beispielsweise statt NSAR oft Paracetamol verordnen und bei Kontrazeptiva auf nichthormonelle Methoden oder die Mini- bzw. Gestagenpille ausweichen. Lassen sich Wirkstoffe nicht ersetzen, bringt oft schon eine Dosisreduktion etwas.

Gelingt es, durch das Weglassen oder Reduzieren blutdrucksteigernder Medikamente die Anzahl der Antihypertensiva zu senken, sei das zudem ein Beitrag gegen die Polypharmazie. Ein weiterer Grund für Ärzte, bei der Behandlung ihrer Hochdruckpatienten regelmässig deren Komedikation zu prüfen.

Referenz

Vitarello JA et al. JAMA Intern Med 2021; doi: 10.1001/jamainternmed.2021.6819.