Medical Tribune
3. Dez. 2021Schnellere Erholung, spätere Rezidive – doch keine Langzeiterfolge

Randomisiert gegen Lebermetastasen

Zur Entfernung von Metastasen bzw. Tumoren in der Leber sind randomisiert-kontrollierte Studien relativ rar. Nun präsentierten Kollegen gleich zwei solche Arbeiten: eine zu Resektionsverfahren, die andere zur Radioembolisation.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Definition der Resektabilität für Krebsarten mit Leberbeteiligung deutlich verändert. Das liegt u.a. an Fortschritten in der systemischen Therapie und minimal-invasiven Techniken, erklärte Dr. Robert S. Fichtingervon der Universitätsklinik in Maastricht. Zudem haben Programme zur rascheren Rekonvaleszenz eine schnellere Erholung von Eingriffen ermöglicht.

In der multizentrischen Studie ORANGE II PLUS untersuchte die Studiengruppe um Dr. Fichtinger, ob sich Patienten früher von einer laparoskopischen als von einer offenen Hemihepatektomie erholen.1 Primär wurde analysiert, wie lange die Zeit von der OP bis zur funktionellen Erholung dauerte (Definition siehe Kasten). Ausserdem wurde u.a. die Zeit von der OP bis zur Entlassung aus dem Spital dokumentiert.

Die Intention-to-treat-Analyse umfasste jeweils 166 Patienten der beiden Gruppen. Bei der Mehrzahl der Teilnehmer wurde die Leberteilresektion wegen einer malignen Erkrankung durchgeführt, die Hälfte davon aufgrund von Metastasen eines CRC. Der mittlere Charlson-Komorbiditätsindex lag in beiden Gruppen etwas über sechs.

Nach einer Laparoskopie benötigten die Patienten im Median vier Tage bis zur funktionellen Erholung, nach offener OP fünf. Dies entsprach adjustiert um andere Einflussfaktoren einem Unterschied von 17,5 % und erreichte Signifikanz (96%-KI -25,6 bis -8,4 %; p < 0,001). Auch die Zeit von der OP bis zur Entlassung war einen Tag kürzer. Sie betrug fünf vs. sechs Tage (Differenz 16,5 %; p = 0,002).

Dass selbst nach offener OP Patienten so schnell entlassen werden konnten, ermöglichte wohl das perioperative «Enhanced-recovery-after-surgery»(ERAS)-Programm, vermutete Diskutant Professor Dr. Thomas Grünberger vom hepatobiliären Zentrum des Gesundheitsnetzwerks Wien.2 Es sei nicht überall etabliert und die Daten damit nicht immer mit der Routine zu vergleichen.

Definition der funktionellen Erholung

  • Tolerieren fester Nahrung
  • Beendigung intravenöser Flüssigkeitsgaben
  • ausschliesslich orale Analgesie
  • Mobilisierung bis zu einem Niveau vor der OP
  • Normalisierung der Werte von INR, ALT, AST und Bilirubin

Die Laparoskopie dauerte im Median 56 Minuten länger als die offene OP. Der Blutverlust war ähnlich, aber in 28 Fällen (17 %) musste eine Konversion vom laparoskopischen zum offenen Eingriff erfolgen. Komplikationen traten insgesamt in beiden Gruppen etwa gleich oft auf. Auch das onkologische Ergebnis fiel im Hinblick auf Häufigkeiten der R1-Resektion, Rezidive und Leberrezidive bei Malignomen ähnlich aus.

Laparoskopie erfahrenen Zentren vorbehalten

Im Drei-Jahres-Gesamtüberleben liess sich kein Unterschied erkennen und das mediane krankheitsfreie Überleben lag in beiden Gruppen bei 24 Monaten. Die Entscheidung zu einer laparoskopischen Leberteilresektion sollte im Alltag allerdings abhängig von der Erfahrung der Operateure getroffen werden, ergänzte Dr. Fichtinger: Die Lernkurve benötige 55 Eingriffe bis zu einem guten Ergebnis, die OP sollte daher erfahrenen Zentren vorbehalten bleiben.

Professor Dr. Mary Mulcahy, Northwestern University, Chicago, stellte einen anderen Ansatz vor.3 In der Phase-III-Studie EPOCH sollte die transarterielle Radioembolisierung (TARE) mit Yttrium-90-Glas-Mikrosphären (Y-90) eine selektive Radiatio mit β-Strahlen aussendenden Partikeln ermöglichen. Diese gelangten durch die hepatische Vaskulatur in die tumorversorgenden Gefässe. 215 CRC-Patienten mit Lebermetastasen, die nach einer Erstlinie progredient wurden, erhielten diese Methode zusätzlich zur systemischen Chemotherapie, die 213 Patienten der Kontrolle eine Chemotherapie. In beiden Armen konnte zusätzlich eine zielgerichtete Therapie erfolgen.

Primäre Endpunkte der Studie waren das PFS sowie das hepatische PFS (hPFS). Das mediane PFS lag mit der Y-90-Therapie bei 8,0 Monaten, im Kontrollarm bei 7,2 Monaten. Der Unterschied war signifikant (HR 0,69; 95%-KI 0,54–0,88; p = 0,0013). Nach zwölf Monaten blieben 25,8 % der Patienten der Y-90-Gruppe und 13,2 % der Kontrollgruppe ohne Progress. Nach 18 Monaten waren es noch 16,7 % vs. 1,8 %. Bezogen auf das hPFS ergab sich ein ähnlicher Vorteil zugunsten der Y-90-Kombination (HR 0,59; 95%-KI 0,46–0,77; p < 0,0001).

In einer Subgruppenanalyse schienen insbesondere Patienten mit folgenden Merkmalen zu profitieren:

  • einer KRAS-Mutation
  • einer hepatischen Tumorlast von 10 % bis 25 %
  • weniger als drei hepatischen Tumorherden
  • einem linksseitigen Primärtumor
  • einer zusätzlichen Behandlung mit einem Biologikum

Das OS ähnelte sich. Im Y-90-Arm traten mehr Komplikationen auf, v.a. wenn man die Prozedur und das Device zusammen betrachtete. Es gab mehr schwere Ereignisse (37 % vs. 21 %) und Todesfälle (acht vs. vier) als im Kontrollarm. Prof. Mulcahy erachtet den Einsatz von Y-90 aktuell am ehesten bei CRC-Patienten als sinnvoll, die nur in der Leber Metastasen aufweisen.

  1. Fichtinger RS et al. ESMO Congress 2021; Abstract 384O.
  2. Grünberger T. ESMO Congress 2021; Discussant LBA21 and 384O.
  3. Mulcahy M et al. ESMO Congress 2021; Abstract LBA21.