Medical Tribune
25. Feb. 2023Mastodynie

Hinter schmerzenden Brüsten steht nur selten ein Mammakarzinom

Die meisten Frauen haben in ihrem Leben irgendwann einmal vorübergehend oder dauerhaft Brustschmerzen. Wie eine Mastodynie in der Praxis heute abgeklärt und behandelt wird, erläuterte Dr. Esther Birindelli, Oberärztin am Brustzentrum der Frauenklinik Zürich, in einem Vortrag an den Medidays (1).

Doctor conducts ultrasound examination of mammary glands of woman. Diagnostics of female breast concept
Ivan-balvan/gettyimages

Neben den Schmerzen und der eingeschränkten Lebensqualität ist es vor allem die Sorge, Krebs könnte die Beschwerden auslösen, die Frauen dazu bewegt, sich beim Arzt vorzustellen. «Tatsächlich ist ein Mammakarzinom aber nur selten der Grund für die Mastodynie», sagte Dr. Birindelli. Zu beachten ist jedoch, dass beim Mann Brustschmerzen mit einem höheren Krebsrisiko assoziiert sind als bei der Frau.

Mastodynie ist bei Frauen meist zyklusabhängig

Bei den meisten Patientinnen sind die Brustschmerzen zyklusabhängig. «Typisch für diese Beschwerden ist ein diffuser Schmerz der hauptsächlich bilateral, eher oben aussen und prämenstruell auftritt», so die Referentin. Ursache ist eine hormonelle Dysbalance. «Diese führt dazu, dass sich das Brustgewebe fibrozystisch umbaut und sich in den vielen kleinen Zysten im Rhythmus des Zyklus mal mehr oder weniger Flüssigkeit einlagert und so Brustspannen und Schmerzgefühl auslöst», erklärte Dr. Birindelli.

Auch Medikamente wie Ovulationshemmer, eine Hormonersatztherapie, aber auch Antidepressiva und Antihypertensiva können die Prolaktinwerte erhöhen und so eine Mastodynie mitbeeinflussen.

Auch die Grösse der Brust spielt eine Rolle

Ungefähr 20–25 Prozent der Brustschmerzen treten unabhängig vom Zyklus auf. «Sie sind häufig einseitig, konstant, eher oben innen oder subareolär, ziehend-brennend, punktförmig oder auch an Triggerpunkte gebunden», erläuterte die Expertin. Zu den möglichen Ursachen gehören eine Entzündung, eine Narbe, ein Trauma, aber auch benigne Raumforderungen und Zysten, die sich oft tasten lassen.

Ein anderer Grund für die Beschwerden kann eine sehr grosse Brust sein. «Durch ihr Gewicht übt sie einen grösseren Zug auf die cooperschen Ligamente aus, was zu Schmerzen führen kann», führt die Expertin aus. Die grosse, schwere Brust ist zudem meistens mit einer Fehlhaltung und Schmerzen im Bewegungsapparat, insbesondere mit Rückenschmerzen, vergesellschaftet.

Als weitere Ursache für zyklusunabhängige Brustschmerzen kommen muskuloskelettale Gründe, eine Interkostalneuralgie oder eine Chondropathie (Tietze-Syndrom) in Frage.

Stets beide Brüste untersuchen

Die Basisabklärung beinhaltet eine Anamnese, die auch psychosoziale Faktoren berücksichtigt, eine Inspektion und Palpation. «Untersucht werden sollten immer beide Brüste, und die Lymphabflusswege sowohl mit elevierten wie mit gesenkten Armen», erklärt die Expertin.

Hautveränderungen, eine Sekretion aus der Mamille, Rötungen, eine veränderte Brustform, eine vermehrte Gefässzeichnung oder auch eine nach innen gezogene Brustwarze sind Red Flags, die eine weitere Abklärung erfordern.

Je nach Situation sollten die Beschwerden zusätzlich mit einer Sonografie weiter abgeklärt werden. «Sie kann bei sehr besorgten Patientinnen sogar schon dazu führen, dass Schmerzen und Angst weniger werden», erklärte Dr. Birindelli. Eine Mammografie ist angezeigt bei unklarer Sonografie und Frauen über 40 Jahren, ein MRI nur in Ausnahmefällen, etwa bei dichtem Gewebe oder unklarem sonografischen Befund.

Ein gut sitzender BH kann schon Linderung der Mastodynie bringen

Die primäre Behandlung besteht aus Allgemeinmassnahmen und lokaler Therapie. Linderung bringt manchen Frauen bereits das Tragen eines gut sitzenden und stützenden BHs, gegebenenfalls ohne Bügel, lokal kühlende oder wärmende Kompressen sowie mehr Bewegung und Gewichtsreduktion.

Bei einer zyklusabhängigen Mastodynie können zudem pflanzliche Mittel mit Mönchspfeffer, NSAR oder Topika mit Menthol die Beschwerden lindern. Eine Option können auch Ovulationshemmer sein. «Verhütet eine Frau bereits hormonell, hilft mitunter der Wechsel auf ein Präparat mit einem niedrigeren Östrogengehalt», so die Referentin. Für Progesteron konnten Studien keine signifikante Wirkung nachweisen. Die klinische Erfahrung zeigt jedoch, dass einige Frauen von Progesteron profitieren.

Die Behandlung der zyklusunabhängigen Mastodynie richtet sich vor allem nach der Ursache. So kann bei muskuloskelettalen Brustschmerzen Physiotherapie sowei bei Zysten und Fibroadenomen eine operative Entfernung sinnvoll sein. Manchmal bessern sich die Schmerzen jedoch auch ohne Therapie, erklärt Dr. Birindelli. In jedem Fall sollten die Patientinnen beruhigt werden, sobald ein Malignom ausgeschlossen ist.

Referenz
  1. ZAIM MediDays, 22. - 26.August 2022, Zürich