Medical Tribune
29. Aug. 2022Viel erwartete Studiendaten

Covid-Impfstoffe in der Schwangerschaft: Kaum Nebenwirkungen

Seit der ersten Verfügbarkeit der mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 deuteten erste Untersuchungen darauf hin, dass Schwangere und ihre Babys keine ungünstigen Auswirkungen der Vakzine zu erwarten haben. Nun bestätigt das eine prospektive Studie bei fast 200.000 Frauen. Schwangere sollten sich nicht zuletzt aufgrund des erhöhten Krankheitsrisikos impfen lassen – auch wenn sie bereits eine Covid-19-Infektion hinter sich haben.

Eine schwangere Frau mit Schutzmaske beobachtet, wie die Ärztin eine Impfung verabreicht.
SDI Productions/gettyimages

Als im Dezember 2020 die ersten mRNA-Impfungen gegen Covid-19 verfügbar wurden, waren Daten zur Sicherheit während der Schwangerschaft noch Mangelware, denn Schwangere waren aus den klinischen Zulassungsstudien ausgeschlossen. Die wenigen Zufallsschwangerschaften, die sich in ihrem Zuge jedoch ereigneten, zeigten keinerlei Auffälligkeiten.

Auch danach konnte bald Entwarnung gegeben werden: Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen zeigten keine ungünstigen Auswirkungen der Vakzine auf Mutter und Kind (1-3).

Eine neue grosse prospektive kontrollierte Studie verstärkt nun die Gewissheit, dass der Nutzen der Impfungen das bekannte und potenzielle Risiko übersteigt (4).

Studie bei fast 200.000 Frauen

Die aktuelle Studie untersuchte Daten von schwangeren und nicht schwangeren Probandinnen, die zwischen Dezember 2020 und November 2021 in bestimmten kanadischen Provinzen geimpft wurden. Durchgeführt wurde sie vom kanadischen Register für Impfsicherheit (Canadian National Vaccine Safety Network (CANVAS).

Zur Bestimmung der Nebenwirkungshäufigkeit befragten die Forscher die Teilnehmerinnen sieben Tage nach einer Dosis eines Covid-19-mRNA-Impfstoffes nach «signifikanten Gesundheitsereignissen» in der Woche nach der Impfung. Als signifikantes Gesundheitsereignis war das Neuauftreten oder Verschlechterung eines gesundheitlichen Problems definiert, das so schwer war, dass die Frauen dadurch Arbeit oder Schule versäumten, einen Arzt aufsuchten, oder in ihren täglichen Aktivitäten eingeschränkt waren.

Parallel befragten die Forscher als Vergleichsgruppe schwangere und nicht schwangere Frauen, die sich nicht impfen liessen. Sie sollten zu signifikanten Gesundheitsereignissen in der Woche vor der Umfrage Auskunft geben.

Insgesamt nahmen 191.360 Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren an der Umfrage zur ersten Dosis teil, darunter 5.597 Schwangere (2. Dosis: 94.262 Frauen, davon 3.108 Schwangere). Die Kontrollgruppe der ungeimpften Frauen umfasste 5.840 nicht Schwangere, und 339 Schwangere.

Weniger unerwünschte Ereignisse bei schwangeren als nicht schwangeren Geimpften

Konkret vermeldeten vier Prozent der schwangeren Frauen, die einen mRNA-Impfstoff erhielten, innerhalb einer Woche nach der ersten Dosis ein signifikantes gesundheitliches Ereignis. Nach der zweiten Dosis waren es 7,3 Prozent.

Dagegen trat bei nicht schwangeren Frauen ein signifikantes gesundheitliches Ereignis bei 6,3 Prozent in der Woche nach der ersten Impfdosis auf, nach der zweiten Dosis sogar bei 11,3 Prozent. Insgesamt traten bei den Schwangeren also sogar etwas weniger Impfreaktionen auf als bei den nicht Schwangeren. Von den schwangeren, nicht geimpften Frauen berichteten 3,2 Prozent von ähnlichen Ereignissen in der Woche vor der Befragung.

Schwerwiegende gesundheitliche Ereignisse waren in allen Gruppen selten (unter einem Prozent), und traten ähnlich häufig auf.

Zu den am häufigsten berichteten gesundheitlichen Ereignissen nach der zweiten Impfdosis zählten allgemeines Unwohlsein, Kopfschmerzen und Atemwegsinfektionen. Fehl- und Totgeburten traten hingegen bei geimpften Frauen nicht häufiger auf als bei ungeimpften (1,5% vs. 2,1% bei Ungeimpften). Die meisten Fehlgeburten, die berichtet wurden, ereigneten sich im ersten Trimester. Auch gab es in der Studie keinerlei Hinweise für eine Häufung anderer negativer Schwangerschaftsereignisse (z.B. vaginale Blutungen, abnormale fötale Herzfrequenz oder reduzierte Kindsbewegungen) nach einer Impfung.

Mittlerweile muss kaum jemand überzeugt werden

Die Angst vor Nebenwirkungen von Impfungen oder Medikamenten ist während der Schwangerschaft für diw meisten Frauen ein Thema. Zu Beginn der Impfkampagnen nahmen Schwangere die Impfstoffe daher auch wenig überraschend schlecht an (8).

Das hat sich mittlerweile etwas gelegt, sagt Dr. Anda-Petronela Radan, Oberärztin an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Inselspital Bern. «Die Angst vor der Impfung in der Schwangerschaft hat deutlich abgenommen», erklärt sie. Nicht geimpfte Schwangere, die immer wieder von ihrem Team betreut würden, seien in der Regel Personen, die sich unabhängig von der Schwangerschaft bereits gegen die Impfung entschieden haben.

Auch nach einer durchgemachten Corona-Infektion impfen und boostern

«Auch wenn man bereits eine Coronavirusinfektion durchgemacht hat, sollte man sich impfen lassen», empfiehlt Dr. Radan generell. Für Schwangere gelten dabei die allgemeinen Schweizer Empfehlungen – ab vier Wochen, und vorzugsweise innerhalb von drei Monaten nach durchgemachter Infektion, sollte die mRNA-Impfung verabreicht werden. Anschliessend gilt die Grundimmunisierung als abgeschlossen.

Schwangeren wird, genauso wie der Allgemeinbevölkerung ohne schwere Immunsuppression, zusätzlich empfohlen, sich eine dritte Impfdosis als Auffrischung (Booster) geben zu lassen. Ein zweiter Booster wird aktuell nicht generell empfohlen (nur schwangeren Personen mit schwerer Immunsuppression). «Zu beachten ist, dass bei Personen unter 30 Jahren prinzipiell die Impfung mit Comirnaty empfohlen wird», erinnert sie.

Warum in der Schwangerschaft impfen?

Seit Beginn der Pandemie ist bekannt, dass eine Schwangerschaft ein Risikofaktor für einen schweren Krankheitsverlauf bei Infektion mit SARS-CoV-2 ist. Schwangere mit Covid-19 werden häufiger auf Intensivstationen aufgenommen als Frauen gleichen Alters, haben ein erhöhtes Risiko für Intubation und Beatmung, und sterben häufiger im Laufe der Viruserkrankung (5).

Auch für geburtshilfliche Komplikationen steigt das Risiko mit einer Coronavirus-Infektion: Im Zusammenhang mit dem Virus treten Frühgeburtlichkeit, Sectios, sowie IUFT, gehäuft auf (5,6).

Die Impfung schützt hingegen gegen einen schweren Verlauf und damit verbundene geburtshilfliche Komplikationen. Eine kürzlich erschienene Arbeit zeigt zudem, dass null bis sechs Monate alte Kinder von Müttern, die vor der Geburt zwei Impfdosen erhalten hatten, seltener aufgrund von Covid-19 hospitalisiert werden mussten, und ein geringeres Risiko für ungünstige Spitalsverläufe hatten (7).

Referenzen
  1. Shimabukuro TT et al. Preliminary Findings of mRNA Covid-19 Vaccine Safety in Pregnant Persons. N Engl J Med. 2021 Jun 17;384(24):2273-2282. doi: 10.1056/NEJMoa2104983. Epub 2021 Apr 21.
  2. Prasad S et al. Systematic review and meta-analysis of the effectiveness and perinatal outcomes of COVID-19 vaccination in pregnancy. Nat Commun. 2022 May 10;13(1):2414. doi: 10.1038/s41467-022-30052-w.
  3. Sadarangani M et al. Safety of COVID-19 vaccines in pregnancy: a Canadian National Vaccine Safety (CANVAS) network cohort study. Lancet Infect Dis. 2022 Aug 11:S1473-3099(22)00426-1. doi: 10.1016/S1473-3099(22)00426-1.
  4. DeSisto CL et al. Risk for Stillbirth Among Women With and Without COVID-19 at Delivery Hospitalization - United States, March 2020-September 2021. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2021 Nov 26;70(47):1640-1645. doi: 10.15585/mmwr.mm7047e1.
  5. Halasa NB et al. Maternal Vaccination and Risk of Hospitalization for Covid-19 among Infants. N Engl J Med. 2022 Jul 14;387(2):109-119. doi: 10.1056/NEJMoa2204399.
  6. Skirrow H et al. Women's views on accepting COVID-19 vaccination during and after pregnancy, and for their babies: a multi-methods study in the UK. BMC Pregnancy Childbirth. 2022 Jan 14;22(1):33. doi: 10.1186/s12884-021-04321-3