Medical Tribune
14. Juni 2022Erreger im Wandel der Zeit

Wie Impfungen die bakterielle Meningitis verändert haben

Einer bakteriellen Hirnhautentzündung lässt sich mit einer Reihe von Vakzinen vorbeugen. Eine Beobachtungsstudie zeigt, wie die entsprechenden Impfprogramme das Krankheitsgeschehen innerhalb von 50 Jahren in einem Land verändert haben.

Durch Impfungen veränderte sich das Bild der bakteriell bedingten Meningitis zunehmend über die Zeit
wikimedia/Yale Rosen

Um weiterhin Therapien und effektive präventive Strategien gegen die bakterielle Meningitis entwickeln zu können, müssen Ätiologie, Risikofaktoren und die Dynamik der Infektionserkrankung über einen längeren Zeitraum bekannt sein. Eine entsprechende Grundlage schuf nun eine Forschergruppe aus Stockholm anhand von Registerdaten, die fast sechzig Jahre zurückreichen (1). Die Wissenschaftler werteten dafür Aufzeichnungen zu 10.339 Patienten aus, die zwischen 1964 und 2014 an bakterieller Hirnhautentzündung erkrankt und in Schweden behandelt worden waren.

Pneumokokken kommen am häufigsten vor

Während des 50-jährigen Studien­zeitraums sank die Inzidenz der bakteriellen Meningitis bei Kindern unter fünf Jahren, nicht jedoch bei den Erwachsenen. Meist handelte es sich um ambulant erworbene Infektionen. Als häufigste Erreger insgesamt identifizierte man Pneumokokken (34%), gefolgt von Haemophilus ­influenzae (26%) und Meningokokken (18%). 20 Prozent aller Betroffenen hatten Vorerkrankungen.

Bei Kindern unter fünf Jahren deutlich weniger bakterielle Meningitiden

Im Jahr 1993 wurde in Schweden der Impfstoff gegen Haemophilus influenzae Typ b (Hib) in den Impfplan für Kinder aufgenommen, berichten die Wissenschaftler. In der Folge ging die Inzidenz der bakteriellen Meningitis um 36 Prozent zurück. Nachdem die Pneumokokken-Konjugatvakzine 2009 landesweit eingeführt worden war, sank die Inzidenz der Pneumokokkenmeningitis bei zuvor gesunden Kindern um 64 Prozent, die 30-Tage-Mortalität ging sogar um 100 Prozent zurück.

Bei ungeimpften Erwachsenen hingegen blieb die Neuerkrankungsrate nach Einführung der Pneumokokken-Konjugatvakzine unverändert. Als naheliegenden Grund nehmen die Wissenschaftler an, dass die geimpften Kinder zu Trägern für Pneumokokken wurden, die nicht von den Vakzinen abgedeckt waren. Diese Stämme konnten sich dann auf die ungeschützten Erwachsenen ausbreiten.

Die Autoren zeigten in ihrer Arbeit weiterhin, dass die Inzidenz der Meningokokkenmeningitis seit Mitte der 1970er-Jahre insbesondere bei unter Fünfjährigen zurückging, auch ohne allgemeine Meningokokkenimpfung. Ein ähnlicher Trend liess sich in anderen europäischen Ländern, z.B. Finnland, beobachten.

Noch mehr Sorgfalt bei der Diagnose nötig

Darüber hinaus fiel auf, dass mit Einführung der Impfstoffe die Inzidenz der bakteriellen Hirnhautentzündungen bei immunsupprimierten Personen Jahr für Jahr um drei Prozent anstieg. Die 30-Tage-Mortalität betrug bei Kindern drei Prozent, bei Erwachsenen 14 Prozent. 44 Prozent der Erkrankten trugen gravierende Folgen davon.

Mit Einführung der Impfungen weisen die Meningitis­patienten mehr Vorerkrankungen auf, es werden auch andere Erreger beobachtet. Dies, so machen die Autoren deutlich, unterstreicht die Bedeutung der korrekten Diagnose für die Therapie bakterieller Meningitiden.

Referenz