Medical Tribune
2. Nov. 2021Weniger ist mehr

Stark verarbeitete Lebensmittel können den Intestinaltrakt schädigen

Das Risiko, an einem Morbus Crohn oder an einer Colitis ulcerosa zu erkranken, wird wahrscheinlich durch eine Vielzahl von Faktoren mitbestimmt. Einer davon ist die Ernährung.

iStock/Say-Cheese

Stark verarbeitete Lebensmittel können die Entstehung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen fördern.

Du bist, was du isst. «Was» umfasst bezüglich der Darmgesundheit jedoch nicht unbedingt das Lebensmittel selbst, sondern eher dessen Verarbeitungsstufe. «Ultra processed foods» – stark verarbeitete Lebensmittel – können einer internationalen Studie zufolge die Entstehung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen fördern. Im Unterschied zu «processed foods» enthalten sie auch künstliche Farb- und Aromastoffe oder andere chemische Zusätze. Beispiele sind Softdrinks, Fertiggerichte, industriell gefertigte Backwaren sowie viele Snacks und Süssigkeiten.

In einer prospektiven Kohorte hat ein Team von Wissenschaftlern um Neeraj Narula aus dem Department of Medicine der McMaster University in Hamilton die Daten von 116 037 Erwachsenen aus 21 Ländern untersucht. Diese entstammten der PURE Study aus den Jahren 2003 bis 2016 und beinhalteten Informationen zu Gesundheitszustand und Ernährungsgewohnheiten der Teilnehmer. Die Erhebung erfolgte über standardisierte Fragebögen mit einer durchschnittlichen Follow-up-Zeit von 9,7 Jahren.

Keine Assoziation zu spezifischer Krankheit

Insgesamt entwickelten 0,4 % aller Befragten eine CED. Bei 90 von ihnen wurde Morbus Crohn, bei 377 Colitis ulcerosa diagnostiziert. Die Bewohner Nord- und Südamerikas sowie Europas nahmen im Schnitt die meisten stark verarbeiteten Lebensmittel zu sich. Lag der Konsum bei fünf oder mehr Portionen* täglich, war das Krankheitsrisiko mehr als 80 % höher als das von Teilnehmern, die weniger als eine Portion am Tag assen. Eine Assoziation zu einer spezifischen Krankheit konnte allerdings nicht hergestellt werden.

Die Hazard Ratio war für alle untersuchten Gruppen stark prozessierter Lebensmittel erhöht. Wurde beispielsweise täglich mindestens eine Portion verarbeitetes Fleisch gegessen, verdoppelte sich das Risiko einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (im Vergleich zu < 1 Portion täglich). Im Gegensatz dazu ging von naturbelassenem Fleisch keine erhöhte Gefahr aus. Auch andere Speisen wie Milchprodukte, Stärke, Früchte oder Gemüse führten zu keiner Erhöhung des Risikos.

* Die Portionsgrössen entsprechen dem Standard des United States Department of Agriculture (USDA)

Narula N et al. BMJ 2021; 374: n1554.