Medical Tribune
28. Mai 2020Cannabis Zug Richtung Psychiatrie

Schädliche Effekte von Tetrahydrocannabinol deutlich belegt

Etliche US-Bundesstaaten, Kanada sowie Uruguay haben Cannabis für den Freizeitgebrauch legalisiert. Der Konsum ist allerdings nicht ohne Risiken für die Psyche.

Nahaufnahme der Frau, die Marihuana Cannabis Joint raucht
GettyImages-1137365939/Alina Rosanova

Mit einer Metaanalyse gingen Wissenschaftler der Frage nach, in welchem Mass das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) aus der Cannabispflanze psychotische und andere psych­iatrische Symptome auslösen kann.1 Auch wollten die Autoren um Guy Hindley vom Londoner King’s College klären, welche Bedeutung dem Cannabidiol (CBD) dabei zukommt.

In ihre Auswertung schlossen sie 15 Studien zum Thema ein, die die Effekte einer akuten Gabe von THC – intravenös, per Inhalation oder oral verabreicht – im Vergleich zu Placebo untersuchten. Zu den mittels anerkannter Scoring-Systeme erfassten Positiv- und Negativsymptomen gehörten Wahnvorstellungen und Halluzinationen bzw. die Dämpfung von Antrieb und Affektivität. Ausserdem wurden generelle Krankheitszeichen wie Depression und Angst berücksichtigt. Für alle Beschwerden berechneten die Autoren standardisierte Effektgrössen. Ein Wert von 0,4 oder mehr wurde als klinisch relevant, einer von 0,7 oder mehr als grosser Effekt eingestuft.

Wohl keine Symptome durch Cannabidiol

Wie die Analyse ergab, induzierte THC im Vergleich zu Placebo über alle Studien hinweg mehr schwerwiegende Positiv- und Negativsymptome sowie mehr generelle Krankheitszeichen. Die Effektgrösse für die Positiv- und Negativsymptomatik betrug im Schnitt 0,91 bzw. 0,78, der Wert für die generellen Symptome lag bei 1,01. Fassten die Autoren alle Beschwerden zusammen, kamen sie auf eine Effektgrösse von 1,10. Dabei waren die Auswirkungen von intravenösem THC grösser als die von inhaliertem. Die Folgen von oralem THC auf die Psyche liessen sich aufgrund der unzureichenden Datenlage nicht beurteilen. Bei Rauchern schwächten sich die Auswirkungen des THC mit steigendem Tabakkonsum ab.

Hinsichtlich der Effekte von CBD fanden sich nur vier brauchbare Studien. In einem Review dieser Arbeiten zeigte sich, dass CBD selbst keine psychiatrischen Symptome induziert. Die Datenlage, ob CBD die Effekte von THC abzuschwächen vermag, ist uneinheitlich,

Auch die Kopenhagener Forscher Dr. Carsten Hjorthøj­ und Dr. Christine­ Merrild­ Posselt­ sehen die Risiken, die mit den Cannabis-Erzeugnissen und THC-haltigen Präparaten einhergehen, als ausreichend belegt an.2 In einem Kommentar warnen sie, dass THC – sei es im medizinischen Einsatz oder als Freizeitdroge – das Risiko für psychiatrische Symptome oder gar eine psychiatrische Erkrankung erhöhen kann.BE

  1. Hindley G et al.
    Lancet Psychiatry 2020; 7: 344–353.
  2. Hjorthøj C, Posselt CM. A.a.O.: 296–297.