Medical Tribune
9. Mai 2017

Ein Antibiotikum ist nur selten nötig

Nach einer Reise wieder zurück in der Schweiz und dann Durchfall. «Dies kommt sehr häufig vor», sagte Prof. Krause. Nach vier Wochen Aufenthalt in einem Drittweltland beträgt die Wahrscheinlichkeit, eine Diarrhö zu bekommen, 10 %. Geringer ist das Risiko, in dieser Zeit an Malaria zu erkranken, von einem Tier gebissen zu werden, sich mit einem Hepatitis- oder HI-Virus anzustecken oder Cholera zu bekommen.
«Eine Diarrhö nach einer Reise kann gleich gemanagt werden wie eine Diarrhö während der Reise», so der Infektiologe. Beide Erkrankungen haben eine Inkubationszeit von wenigen Tagen und dauern meist knapp eine Woche. Nur bei 2 % der Patienten hält die Diarrhö länger als einen Monat an.
Eine Stuhlkultur ist gemäss Prof. Krause nicht notwendig. «Es sei denn, die Durchfälle dauern ungewöhnlich lange – mehr als zwei Wochen –, sind begleitet von anhaltend hohem Fieber und/oder Blutabgang.» Auch eine Antibiotika-Therapie ist meist nicht nötig. «Das wichtigste ist, den Flüssigkeitsmangel auszugleichen. Denn Trinken ist die beste Therapie, damit sich Patienten mit Diarrhö rasch wieder besser fühlen», führte der Experte aus. Bei Bedarf kann den Patienten für die Nacht ein Antidiarrhoikum gegeben werden.

Campylobacter-Infektionen in der Schweiz häufig

Eine ETEC-Infektion durch Toxine von E. coli ist die häufigste Ursache für eine klassische Reise-Diarrhö oder für Durchfall bei Reiserückkehrern. Das Infektionsrisiko ist sowohl im Fernen Osten als auch in weiten Teilen Afrikas, Mittel- und Südamerika gross. Häufigster Erreger in der Schweiz ist Campylobacter. Das Bakterium verursacht oft eine schwere und blutige Diarrhö und kann in der Folge eine reaktive Arthritis oder ein Guillain-Barré-Syndrom auslösen. «Antibiotika – Chinolone oder Azithromycin – sind jedoch auch bei Campylobacter-Infektionen nur bei einem sehr schlechten Allgemeinzustand indiziert», betonte Prof. Krause. Auch bei Salmonellen, die zweithäufigsten Durchfall-Erreger in der Schweiz, ist keine antibiotische Therapie nötig. Eine Ausnahme macht eine Infektion mit Salmonella typhi. Dies ist eine schwere systemische Erkrankung und muss zwingend mit Chinolonen, Azithromycin, Cotrimoxazol oder Ceftriaxon therapiert werden.
In der Schweiz eher selten sind Infektionen mit Clostridien. Die Bedeutung des Erregers wächst jedoch seit einigen Jahren. Grund ist die zunehmende Antibiotika-Einnahme. «Denn eine solche geht jeweils einer Clostridium-Diarrhö voraus», so Prof. Krause. Die Antibiotika-Einnahme kann zwei Monate oder auch nur eine Woche zurückliegen. Typisch für die Clostridien-Infektionen: Nur etwa die Hälfte der Patienten, die sich mit dem grampositiven Stäbchenbakterium angesteckt haben, wird symptomatisch. «Von diesen sind 70 % nach einer antibiotischen Therapie wieder gesund, 30 % entwickeln Rezidive und müssen mit Metronidazol behandelt werden.» Bei Nichtansprechen kommt ab dem zweiten Rezidiv Vancomycin in Einsatz. «Wenn selbst dieses Medikament nicht hilft, wird es schwierig», so der Referent. Mit Fidaxomicin ist zwar jetzt ein neues Antibiotikum auf dem Markt. Ob sich dieses jedoch auch in der Praxis etablieren wird, ist offen.
Als vielversprechend bezeichnete Prof. Krause indes die Stuhltransplantation, eine Therapieoption, die nach seiner Einschätzung in Zukunft das Behandlungsspektrum erweitern wird.
Sehr selten konfrontiert sind Hausärzte in der Schweiz mit Shigellen-Infektionen. «Infizierte Patienten leiden jedoch unter heftiger und blutiger Diarrhö und müssen, wenn die Durchfälle länger als zwei Tage anhalten, zwingend mit Chinolonen, Azithromycin, Cotrimoxazol oder Ceftriaxon behandelt werden», so der Referent. Mit Ausnahme des Norovirus sind Viren kaum Ursache für eine Reise-Diarrhö. Ebenso haben Darm-Protozoen hierzulande kaum eine Bedeutung.