Medical Tribune
4. Aug. 2014Small Intestinal Bacterial Overgrowth

Bauchkrämpfe, Fettstuhl und Durchfall durch SIBO-Syndrom

Bauchuntersuchung mit einem Stethoskop
iStock/emrahkarakoc

Die Abkürzung SIBO steht für “Small Intestinal Bacterial Overgrowth“: Der Dünndarm wird mit Standortflora oder Kolonbakterien überwuchert, die Keimzahl im Jejunum nimmt zu. In typischer Weise ist das Keimspektrum verändert, es finden sich mehr Bacteroidetes, anaerobe Laktobazillen, coliforme Bakterien, Enterokokken und verschiedene Clostridien-Arten, erklärte Professor Dr. Reinhard Büchsel, DRK-Kliniken Berlin.

Folgende Symptome können klinisch auf eine SIBO hinweisen:

  • Meteorismus,
  • Flatulenz,
  • Tenesmen,
  • abdominelles Unbehagen,
  • Steatorrhoe,
  • Diarrhö und Gewichtsverlust bei schweren Verläufen.

Rückresorption von Vitamin B12 und Gallensäuren gestört

Durch die SIBO wird der Dünndarm in seiner Funktion als resorptives Organ – für Elektrolyte, Vitamine, Fette, Aminosäuren, Kohlenhydrate und Wasser – behindert, erläuterte der Experte. Im terminalen Ileum erfolgt zudem die Rückresorption von Vitamin B12 und Gallensäuren. Auch diese Vorgänge, die ohne bakterielle Hilfe ablaufen, werden durch eine Fehlbesiedlung gestört. Mögliche Konsequenzen daraus:

  • Nährstoff- und Vitaminmangel
  • bakterielle Dekonjugation von Gallensäuren mit der Folge gestörter Mizellenbildung/Fettresorption
  • durch bakteriellen Einfluss entstandene Hydroxyfettsäuren schädigen die Darmwand mit der Folge von Sekretion und Diarrhö
  • sekundärer Mangel an Kohlenhydrate abbauenden Enzymen (beispielsweise Laktase)

Im Krankheitsverlauf können Komplikationen auftreten, vor allem Mangelerscheinungen (z.B. eine Acrodermatitis enteropathica mit typischen Nagelveränderungen). Nicht selten entwickelt sich eine Fettleber (nicht alkoholische Fettlebererkrankung, NAFLD, oder nicht alkoholische Steatohepatitis, NASH).

Zur SIBO-Diagnose zieht man den H2-Exhalationstest mit Laktulose oder Glukose heran. Doch die Sensitivität und Spezifität dieser Verfahren beträgt hierbei nur rund 70 %, verdeutlichte der Experte. Als diagnostischer Goldstandard gilt die Gewinnung von Jejunalaspirat (> 105 koloniebildende Einheiten pro Milliliter Darminhalt). Doch auch diese Diagnostik hat Tücken: Magensäure sollte nicht im Arbeitskanal des Endoskops sein.

Darmsanierung durch lokal begrenzte Antibiose

Die Therapie ruht auf drei Säulen:

  • Gabe von Antibiotika
  • Beseitigung der Ursachen, sofern bekannt (siehe Kasten)
  • Substitution unzureichend aufgenommener Nährstoffe (Vitamine, Spurenelemente)

Während früher eine mehrwöchige, orale Rotationsantibiose (jeweils einwöchige Gabe verschiedener antibiotischer Wirkstoffe) erfolgte, setzen Kliniker inzwischen auf lokal wirksame Antibiotika, z.B. Rifaximin (off label bei SIBO). Das orale Breitbandmittel, ein Derivat von Rifamycin, hat eine niedrige resorptive Rate (< 1%). Bislang gibt es offensichtlich kaum Resistenzen, ergänzte Prof. Büchsel. Doch die Rezidivgefahr scheint Studiendaten zufolge hoch zu sein, wenn die Ursache der bakteriellen Fehlbesiedlung nicht beseitigbar ist.

Quelle: 20. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin