Medical Tribune
21. Jan. 2013Laparoskopische Eingriffe

Die Gallenblase wird neuerdings durch die Vagina entfernt

Laparoskopische Eingriffe gehören bereits seit den 1980er Jahren zur Routine in jedem operativ tätigen Krankenhaus. Durch das "Schlüsselloch" entfernt werden nicht nur Blinddarm und Gallenblase – inzwischen wagen sich die Operateure auch an die minimalinvasive Resektion von Milz, Magen, Pankreas und Dickdarmanteilen.

OP-Team bei einer Laparoskopische Chirurgie
iStock/vm

Minilaparoskopische Op. nur für die Kosmetik

Trotz dieser Erfolge ist man bemüht, die laparoskopische Technik weiter zu verbessern. Ein Ansatzpunkt: Das Zugangstrauma soll noch weiter reduziert werden. Drei verschiedene Techniken wurden dafür entwickelt, die Minilaparoskopische Op., die Single-Port-Chirurgie und die NOTES*-Chirurgie.

Bei der minilaparoskopischen Operation wird mit 2–3 mm dünnen Spezialinstrumenten operiert,  um die Inzisionen an der Bauchwand noch weiter zu verkleinern. Bis auf ein verbessertes kosmetisches Ergebnis (kleinere Narben) konnten für diese Technik kein Vorteile gezeigt werden, insbesondere keine deutliche Schmerzreduktion.

Single-Port-Chirurgie kommt mit einer kleinen Narbe aus

Ausserdem braucht man häufig doch noch einen grösseren Schnitte, um  die entfernten Organe (oder Gewebeteile) zu bergen. Schliesslich stehen die für viele Eingriffe notwendigen Spezialinstrumente noch gar nicht zur Verfügung, schreibt das Team um Dr. Sebastian Lamm von der Chirurgischen Klinik im Kantonsspital Baselland, Bruderholz.

Beim zweiten Verbesserungsansatz, der Single-Port-Chirurgie, verringert man Zahl der eingebrachten Trokare (ggf. nur noch ein einziger). Dies gelingt mit neu entwickelten Geräten, in die mehrere Instrumente parallel eingeführt werden können. Zwei erste vergleichende Studien gibt es für die Cholezystektomie – mit widersprüchlichen Ergebnissen.

Eine Genfer Studie ermittelte klare Verbesserungen hinsichtlich Schmerz, Kosmetik und Lebensqualität, eine amerikanische Untersuchung fand keinen Unterschied zur herkömmlichen Operation. Dies könnte auch an dem höheren Schwierigkeitsgrad der Single-Port-Eingriffe liegen, meinen die Autoren. Zudem hat man zwar nur einen Trokar – dieser braucht aber eine längere Inzision.

Zugang durch den Magen nicht bewährt

Eine dritte Möglichkeit besteht darin, statt Inzisionen in der Bauchdecke natürliche Körperöffnungen wie Magen und Vagina als Zugang zu nutzen. Die Vorteile der NOTES-Chirurgie liegen auf der Hand, schreiben die Chirurgen: Die Patienten haben keine Wunden in der Bauchwand – und damit auch geringere Schmerzen, keine Wundinfekte, Narben und Narbenbrüche.

Als möglicher Zugang für NOTES bietet sich unter anderem der Magen an. Die transgastrische Passage stellt aber nicht nur hohe Ansprüche an den Operateur – man benötigt auch teure und zum Teil noch nicht ausgereifte Spezialinstrumente und spezielle Clips für einen sicheren Verschluss des gesetzten Magendefekts. So richtig durchgesetzt hat sich die transgastrale Technik daher bisher noch nicht.

Wesentlich grössere Erfolgschancen sehen die Schweizer Chirurgen beim transvaginalen Zugang durch das hintere Scheidengewölbe. Von den Gynäkologen wird dieser Zugang z.B. bei der transvaginalen Hysterektomie schon seit mehr als 100 Jahren genutzt. Bis auf wenige Ausnahmen lassen sich diese Eingriffe mit gängigen Laparoskopie-Instrumenten durchführen.

Allerdings: Je tiefer die Chirurgen in die Bauchhöhle vordringen, um so mehr wünschen sie doch wieder einen weiteren Zugang – für ein zusätzliches Instrument und zur Anlage des Pneumoperitoneums. Dies gelingt mit einem versteckten Schnitt im Nabel, gerade breit genug  für einen 5-mm-Trokar.  

Sexualleben beim transvaginalen Zugang nicht in Gefahr

Erste Studien mit der "Hybrid-NOTES-Cholezystektomie" zeigen im Vergleich zum herkömmlichen laparoskopischen Eingriff eine signifikante Schmerzreduktion und eine Halbierung der Rekonvaleszenzzeit.  In Bruderholz werden Cholezys­tektomien und elektive Sigmaresektionen bei Frauen mittlerweile bevorzugt über den transvaginalen Zugang vorgenommen, schreiben die Autoren.

Befürchtungen, dass es postoperativ zu Dyspareunien, Störungen der sexuellen Empfindung und Infertilität kommen könnte, haben sich nicht bestätigt – sechs Wochen nach dem Eingriff ist mit dem Sexualleben alles wieder in schönster Ordnung. Auch technisch sind die Hybrid-NOTES-Operationen über die Scheide nicht besonders anspruchsvoll, so die Autoren. Denn bis auf die Präparate-Bergung unterscheidet sich das Verfahren nicht vom herkömmlichen laparoskopischen Vorgehen.

*Natural orifice transluminal endoscopic surgery

Quelle: Sebastian Lamm und Daniel Steinemann et al., Schweiz Med Forum 2012; 12: 668-671