Medical Tribune
10. Aug. 2012Patienten mit rheumatoider Arthritis

Rheumatherapie schützt auch vorm Herzinfarkt

Kardiovaskuläre Komplikationen nehmen natürlich einen wichtigen Platz ein, schon weil sie so häufig vorkommen. Auch bei Patienten mit RA stellen sie die häufigste Todesursache, nur sterben Rheumatiker im Schnitt zehn Jahre früher daran als Gelenkgesunde, berichtete Dr. Tuulikki Sokka, Chefin der Rheumatologie am Zentralkrankenhaus in Jyväskylä. Zudem korreliert das Risiko mit dem Schweregrad der RA, sowohl mit Symptomatik und  Röntgenbefunden als auch mit Aktivitätsscores und Steroidbedarf.

In ihren aktuellen Empfehlungen rät die European League Against Rheumatism deshalb, nicht nur die traditionellen Risikofaktoren wie Hochdruck und Blutfette anzugehen – bevorzugte Medikation: Statine, ACE-Hemmer und AT1-Blocker. Es sollte auch die RA unter Kontrolle gebracht werden, wobei der Bedarf an Steroiden, NSAR und Coxiben möglichst niedrig gehalten werden soll.

Tatsächlich zeigen einige Studien, dass eine konsequente antirheumatische Therapie auch das kardiovaskuläre Risiko senkt. Ganz wichtig: Den Rheumatiker trotz seiner Gelenkprobleme zum Sport motivieren, auch um das oft bestehende Übergewicht zu bekämpfen!

Rauchstopp ist bei Rheuma ein Muss

Gefürchtet sind die mit der RA assoziierte interstitielle Lungenerkrankung (ILD) und die als "Rheumalunge" bezeichnete Lungenfibrose, "weil es kaum therapeutische Optionen dafür gibt und die Sterblichkeit vor allem der Rheumalunge sehr hoch ist", so Dr. Sokka. Bildgebungsstudien zufolge leiden bis zu 40 % der Rheumatiker an einer ILD und ca. 5 % an einer Lungenfibrose.

Der Verlauf lässt sich schwer vorhersagen: Während manche Patienten sehr lange stabil bleiben, kann es bei Einzelnen zu einer dramatischen Progression kommen. Rauchstopp ist deshalb für RA-Patienten ein Muss. Bei verdächtigen Symptomen sollte der Thorax geröntgt und die Lungenfunktion überprüft werden. Patienten mit "Rheumalunge" sollten dem Pneumologen vorgestellt werden.

Ein Problem stellt die gesteigerte Infektionsneigung dar, die sowohl durch die Krankheit selbst als auch durch die Medikation getriggert wird. Rheumatiker sind praktisch für jede Art von Infektionen anfällig, ob durch Bakterien, Viren, Pilze oder Opportunisten, und Steroide steigern das Risiko noch. In einer Analyse fanden sich dreifach erhöhte Raten für intraabdominale und Weichteilinfektionen. Osteomyelitiden und septische Arthritiden kamen elf- bis 15-fach häufiger vor.

Um das Risiko zu begrenzen, sollte der Patient erst einmal wissen, dass er gefährdet ist, riet Dr. Sokka. Er sollte angewiesen werden, auf gute Zahnhygiene zu achten und regelmässig zum Zahnarzt zu gehen, um diese Eintrittspforte zu schliessen. Eine weitere Gefahrenzone sind die Füsse, vor allem wenn sie durch die RA deformiert sind. Ganz wichtig: Impfungen nicht vergessen!

Knochendichte messen auch ohne Fraktur

Auch das erhöhte Osteoporoserisiko ist teils der RA selbst, teils der Therapie (Steroide!) geschuldet, wie Dr. Sokka erläuterte. Die entzündliche Aktivität scheint dabei sowohl lokal als auch systemisch den Verlust an Knochenmasse zu fördern. Physische Inaktivität und Rauchen verstärken das noch. Zur Strategie gehören also auch hier Bewegung und Rauchstopp neben der konsequenten Behandlung der Grundkrankheit.

Ausserdem sollte bei Rheumatikern die Knochendichte bestimmt und ggf. auch ohne vorbestehende Fraktur eine Therapie mit Bisphosphonaten eingeleitet werden (oder mit Parathormon, falls der Patient keine Bisphosphonate verträgt), riet die Rheumatologin.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis nicht nur hinsichtlich ihrer Gelenksymptomatik, sondern auch bei vielen Begleit­erkrankungen davon profitieren, wenn die Grundkrankheit gut unter Kontrolle ist.

Europäischer Rheumakongress EULAR Berlin 2012