Medical Tribune
8. Aug. 2012Subklinischen Hyperthyreose

Hyperthyreose – wenn die Schilddrüse aus dem Takt gerät

Zu den häufigsten Ursachen der endogenen subklinischen Hyperthyreose zählen Basedow-Krankheit, Knotenstruma und solitäre autonome Knötchen. Ob und in welchem Umfang sich eine subklinische Hyperthyreose auf das kardiovaskuläre Risiko auswirkt, wurde bisher kontrovers diskutiert.

Schon mit subklinischer Hyperthyreose ist die KHK- und Gesamtmortalität höher.

Nun untersuchten Dr. Tinh-Hai Collet von der Universität Lausanne und Kollegen die gepoolten Daten von über 52 000 Teilnehmern mit endogener subklinischer Hyperthyreose. Zehn prospektive Kohortenstudien wurden dabei berücksichtigt.
Eine subklinische Hyperthyreose lag definitionsgemäss vor:

  • normaler fT4-Spiegel, aber
  • TSH-Wert unter 0,45 mIU/l

Die Auswertungen der Studien zeigten, dass die endogene subklinische Hyperthyreose mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern assoziiert war. Ausserdem fanden sich eine höhere KHK- und Gesamtmortalität, heisst es in den "Archives of Internal Medicine".

TSH-Werte unter 0,10 mIU/l bergen die grösste Gefahr

Die subklinische Hyperthyreose geht nicht nur mit unerwünschten kardiovaskulären Effekten, sondern auch mit einem erhöhten Risiko für Osteopenie und Osteoporose einher – insbesondere bei älteren Frauen. Darauf verweist Dr. Kenneth D. Burman vom Washington Hospital Center in seinem Kommentar in derselben Ausgabe der "Archives". Die Knochenveränderungen können sich bessern, wenn die Hyperthyreose behandelt wird.

Weist man bei einem Patienten ein erniedrigtes TSH bei normalem fT4 nach, stehen folgende Massnahmen an, um mögliche Ursachen und unerwünschte Effekte der subklinischen Hyperthyreose aufzuspüren:

  • sorgfältige Anamnese,
  • körperliche Untersuchung und
  • apparative sowie laborchemische Diagnostik, z.B. Sonographie der Schilddrüse, Szintigraphie, EKG, Messung der Knochendichte, Bluttests.

Welche Behandlung wird wann empfohlen?
Gemäss Leitlinien sollte nicht sofort mit einer Therapie begonnen werden. Vielmehr lautet die Empfehlung: Erneute Schilddrüsenfunktionstests nach drei und sechs Monaten! So wird sicher gestellt, ob weiterhin eine subklinische Hyperthyreose besteht. Möglicherweise normalisieren sich die Werte im Verlauf oder es hat sich eine manifeste Hyperthyreose entwickelt (klinisch eher selten).

Für die "faule Schilddrüse" Levothyroxin?

Die subklinische Schilddrüsenunterfunktion – die Konstellation aus erhöhtem TSH-Wert und Normalwerten für freies T3 und T4 – wurde mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Mortalität in Verbindung gebracht. Doch war bisher unklar, ob dieses Risiko unter einer Behandlung mit Levothyroxin sinkt. Nun konnte das Team um Dr. Salman Razvi von der Universität Newcastle in einer retrospektiven Analyse zeigen, dass es bei Patienten im Alter zwischen 40 und 70 Jahren mit subklinischer Hypothyreose zu weniger kardialen Ereignissen kommt, wenn sie mit Levothyroxin behandelt werden. Für über 70-Jährige liess sich kein entsprechender Benefit festgestellen. Ob und wem die Levothyroxintherapie etwas bringt, sollte nun in einer randomisierten kontrollierten Studie genauer untersucht werden.
Quelle: Salman Razvi et al., Arch Intern Med 2012; online first

Persisiert der TSH-Spiegel bei Werten ≤ 0,1 mIU/l ist bei folgenden Konstellationen eine Therapie der subklinischen Hyperthyreose zu erwägen:

  1. alle Patienten ab 65 Jahren Upostmenopausale Frauen, die weder mit Östrogenen noch mit Bisphosphonaten behandelt werden
  2. Patienten mit kardialen Risikofaktoren, Herzerkrankungen oder Osteoporose
  3. Menschen mit Symptomen einer Hyperthyreose

Liegt der TSH-Wert anhaltend unter der unteren Normgrenze, aber ≥ 0,1 mIU/l, sollte eine Therapie in Betracht gezogen werden:

  • bei Menschen ab 65 Jahren
  • bei Patienten mit kardialer Erkrankung oder
  • bei Hyperthyreose-Symptomen.

Als Therapieoptionen nannten die Experten Thyreostatika, Radiojodablation und operative Verfahren.
Quellen: 1. Tinh-Hai Collet et al., Arch Intern Med 2012; online First
2. Kenneth D. Burman, a.a.O. Für die "faule Schilddrüse"