Medical Tribune
24. Juli 2023Steinfrei, aber nierenkrank

Hydro­chlorothiazid als Nierenstein-Rezidivprophylaxe überschätzt

Bei Nephro­lithiasis will man erneuten Steinen medikamentös vorbeugen. Doch die dafür eingesetzten Thiaziddiuretika sind offenbar deutlich schlechter als ihr Ruf.

Die meisten Nierensteine bestehen aus Kalziumoxalat. Hydrochlorthiazid soll diese auflösen.
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Die meisten Nierensteine bestehen aus Kalziumoxalat. Hydrochlorthiazid soll diese auflösen.

Problematisch bei Nephrolithiasis ist vor allem das hohe Rezidivrisiko. Die meis­ten Nierensteine bestehen aus Kalzium­oxalat und/oder -phosphat. Da eine Hyperkalziurie ursächlich für die Konkremente ist und Thiaziddiuretika die renale Kalziumausscheidung reduzieren, erhalten viele Betroffene zur Rezidivprophylaxe entsprechende Medikamente.

Das Thiaziddiuretikum Hydro­chlorothiazid (HCT) erfüllt diese Hoffnungen aber schon einmal nicht, berichten Forscher um Dr. ­Nasser ­Dhayat vom Inselspital Bern (1).

Mehr Nebenwirkungen unter der Hydro­chlorothiazid-Therapie

Der Wirkstoff schützt offenbar nicht besser vor symptomatischen oder radiologischen Steinrezidiven als ein Scheinmedikament. Im Rahmen der NOSTONE-Studie behandelten sie 314 Patienten mit rezidivierenden kalziumhaltigen Nierensteinen über nahezu drei Jahre mit 12,5, 25 oder 50 mg/d Hydro­chlorothiazid. Weitere 102 Betroffene bekamen ein Placebo.

Rezidive erlitten 59, 56 bzw. 49 Prozent der mit Hydro­chlorothiazid Behandelten und 59 Prozent der Kontrollen. Diese Unterschiede waren nicht signifikant. Hydro­chlorothiazid reduzierte zwar die renale Kalziumausscheidung stärker als Placebo, nicht jedoch die relative Übersättigung des Urins mit Kalziumoxalat und -phosphat: Diese Parameter bilden das Steinrisiko offenbar besser ab.

Die Hydro­chlorothiazid-Behandlung verfehlte nicht nur ihr Ziel, die Rezidivprophylaxe, sondern erhöhte zudem das Nebenwirkungsrisiko: Hypokaliämie, Gicht, Diabetes mellitus, allergische Hautreaktionen sowie ein Anstieg des Krea­tininspiegels traten unter dem Diuretikum häufiger auf als unter Placebo. Angesichts dieser Studienergebnisse sei eine Langzeittherapie mit Hydro­chlorothiazid zur Steinprophylaxe nicht zu rechtfertigen, schliessen Dr. Dhayat und Kollegen.

Professor Dr. R. Todd ­Alexander von der University of Alberta in Edmonton ist ebenfalls zurückhaltend. Zunächst müssten grössere Untersuchungen mit längerer Nachbeobachtungszeit die Ergebnisse überprüfen. Das Nebenwirkungspotenzial der Thiaziddiuretika hält Prof. Alexander ebenfalls für problematisch. Neue effektivere und besser verträgliche Wirkstoffe zur Behandlung der Nephrolithiasis seien dringend notwendig.