Interstitielle Zystitis wird viel zu spät erkannt
In jüngster Zeit wurde viel über neue therapeutische Ansätze bei der interstitiellen Zystitis geforscht. Doch ob die Ergebnisse auch bei den betroffenen Patienten ankommen, war bisher unklar. Professor Dr. Dieter Jocham und seine Kollegen von der Universitätsklinik Lübeck initiierten daher eine Studie zur Versorgungsforschung.
254 Patienten mit interstitieller Zystitis – überwiegend Frauen – füllten dafür einen umfangreichen Fragebogen aus. Im Mittel waren die Teilnehmer etwas besser ausgebildet als die Allgemeinbevölkerung. Die Selbsthilfegruppe "Interstitial Cystitis Association – ICA" erwies sich als wichtigste Informationsquelle, dicht gefolgt von Fachärzten und Internet.
Die Patienten vermuteten als Auslöser der interstitiellen Zystitis vor allem Erkrankungen das Urogenitaltraktes (57,7 %), aber auch psychischer Stress (42,9 %) und Operationen (23,7 %) wurden verantwortlich gemacht.
Pollakisurie und Dysurie stören auch die Partnerschaft
Vom Symptombeginn bis zur Diagnose vergingen im Mittel neun Jahre – eine inakzeptable Zeitspanne, so die Autoren. Knapp die Hälfte der Patienten hatte mehr als 20 Arztbesuche hinter sich, bis die Erkrankung erkannt wurde.
Am meisten wurden die Patienten durch die Pollakisurie (> 14-mal/Tag) gequält, hinzu kamen oft Schmerzen (Blase, Becken, Bauch) sowie eine Dyspareunie, was auch zu erheblichen Beeinträchtigungen in der Partnerschaft führte.
Zur Therapie hatten etwa drei Viertel der Kranken schon einmal Schmerzmittel erhalten – ein Drittel Antidepressiva. Diese Medikamente wurden von knapp der Hälfte der Befragten als wirksam erachtet – ebenso wie Antikonvulsiva und orales Pentosanpolysulfat. Mit intravesikalen Installationen (Chondroitinsulfat, Hyaluronsäure) hatten viele Patienten gute Erfahrungen gemacht. Aber die GKV übernimmt die Kosten dafür ebenso wenig wie für Pentosanpolysulfat. Deshalb wurden diese Behandlungen in bis zu 40 % der Fälle aus pekuniären Gründen abgebrochen.
Quelle: Dieter Jocham et al., Urologie 2013; 52: 691-702