Antibiotika gegen Endometriose?
Eine neue Studie zeigt, dass Patientinnen mit Endometriose vermehrt Fusobakterien in der Gebärmutterschleimhaut aufweisen. Diese sind in der Lage, Endometriumgewebe entzündlich zu verändern. Aus Tierversuchen ging zudem hervor, dass Antibiotika eine Endometriose verbessern könnten.
Bei der Endometriose entstehen Herde aus Endometriumgewebe in Regionen ausserhalb der Gebärmutterschleimhaut – etwa in Eierstöcken, Darm, und anderen Geweben. Die Hintergründe der Erkrankung sind dabei bislang ungeklärt.
Eine aktuelle Studie im Journal Science Translational Medicine untersuchte die Gebärmutterschleimhaut bei einer Gruppe von 155 Frauen. Die Forscher konnten zeigen, dass insgesamt 64 Prozent der Frauen mit Endometriose Infiltrationen mit Fusobakterien aufwiesen. Bei den als Kontrolle dienenden Frauen war dies bei weniger als zehn Prozent der Fall.
Antibiotika konnten Endometriose im Tiermodell aufhalten
Im Zuge von In-Vitro-Versuchen konnten die Autoren ausserdem sehen, dass die Infektion mit Fusobakterien in Endometrium-Gewebszellen zu einer Aktivierung des TGF-beta-Signalweges führte. Das führt bei eigentlich in Ruhestadien befindlichen Endometriumfibroblasten zu einem Übergang in ein mobileres Fibroblastenstadium. Diese Transgelin-positiven Myofibroblasten sind physiologisch für die Wundheilung und Narbenbildung verantwortlich. Dabei sind sie in der Lage, sich zu teilen, sich an Strukuren anzuheften, und zu migrieren. Damit ist es auch denkbar, dass sie für die Veränderung des Endometriosegewebes bei der Endometriose verantwortlich sind.
In Tierstudien, bei denen Mäusen Bruchstücke von Endometriumgewebe transplantiert wurde sahen die Autoren, dass Injektionen von Fusobakterien vorhandene Endometriose-Herde verschlimmerte. Eine anschliessende Antibiotikabehandlung liess die Läsionen hingegen schrumpfen und verhinderte die Entstehung einer Endometriose. Antibiotika könnten demnach eine einfache Therapieoption bieten, schreiben die Forscher.
«Erinnerungen an H. pylori und HPV»
Als wichtigste Einschränkung der Studie räumen die Forscher selbst ein, dass es sich beim Vorhandensein von Fusobakterien im Uterus bei Endometriumpatientinnen um eine reine korrelative Erkenntnis handelt. Auch, dass das Mausmodell nicht perfekt ist, schmälert die Kraft der Studie etwas: «Mäuse haben keinen Menstruationszyklus, und entwickeln keine spontane Endometriose», schreiben die Autoren.
Prof. Dr. Matthias Beckmann, Direktor der Frauenklinik und Sprecher des Endometriosezentrums, Universitätsklinikum Erlangen, erinnert die Studie an die Forschungsarbeiten zur Kanzerogenität von Helicobacter pylori und dem Humanen Papillomavirus (HPV). «Von H. pylori wissen wir heute, dass es Magen- und Darmkrebs verursachen kann, und auch bei anderen Keimen sind solche Mechanismen ja beobachtet worden. Die in dieser Studie vorgestellte Idee, Fusobakterien könnten Endometriose mitverusachen, ist deshalb erst einmal interessant und nicht vollkommen abwegig.» Für ihn ist die Arbeit allerdings lediglich hypothesenbildend – zu viele Ungereimtheiten liegen für ihn in der Studie vor. Dazu gehört, dass das Patientinnenkollektiv relativ wenig beschrieben ist (Endometriosedauer bzw. Endometriose-Vorbehandlungen, hormonelle Kontrazeption etc. nicht genannt). Dass Antibiotika bei der Endometriose nützlich sein könnten, ist für ihn aber ebenfalls kein abwegiger Gedanke: «Wir haben selbst schon Untersuchungen zum CRP-Wert gemacht. Dieser Entzündungswert ist auch bei Endometriose erhöht, er dient landläufig als Entscheidungskriterium für den Einsatz eines Antibiotikums.»
Neue Thesen zur Ursache der Endometriose sind für den Experten laut eigenen Aussagen immer willkommen, da für ihn die Mittel zur Erforschung der Endometriose deutlich zu kurz gekommen sind
- Muraoka A et al. Fusobacterium infection facilitates the development of endometriosis through the phenotypic transition of endometrial fibroblasts. Sci Transl Med. 2023 Jun 14;15(700):eadd1531. DOI: 10.1126/scitranslmed.add1531.