Medical Tribune
12. Juni 2020Schmerz in der Brust

Mamma mia, Mastalgia!

So manche Frau kann ein Lied davon singen: Ein paar Tage vor der Periode spannen und schmerzen die Brüste. Bei anderen tritt die Mastalgie unabhängig vom Zyklus und ausschliesslich lokal auf. Ist der Leidensdruck hoch, kann man eine Pharmakotherapie erwägen.

Studioaufnahme von Melonen in einem BH gegen einen rosa Hintergrund
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Ein- oder beidseitige Schmerzen in der Brust können Frauen jeden Alters plagen und viele fürchten, dass sich hinter ihren Beschwerden Brustkrebs verbirgt. Dies ist zwar nur selten der Fall, dennoch muss man den Symptomen sorgsam nachgehen – auch um den zum Teil in ihrer Lebensqualität eingeschränkten Patientinnen effektiv helfen zu können.
Zunächst ist anamnestisch zu klären, wie ausgeprägt die Schmerzen sind, ob sie uni- oder bilateral, lokal oder generalisiert, zyklisch oder nichtzyklisch auftreten und ob Risikofaktoren für ein Mammakarzinom vorliegen.

Zyklische Brustschmerzen machen sich meist eine bis zwei Wochen vor Beginn der Menstruation bemerkbar. Sie treten für gewöhnlich bilateral auf, haben einen diffusen Charakter und enden mit Einsetzen der Periode. Als Ursache vermutet man hormonelle Schwankungen, schreiben Dr. Lauren­ F. Cornell vom Jacoby Center for Breast Health der Mayo Clinic in Jacksonville und ihre Kollegen­.

Nichtzyklische Mastalgien treten oft nur fokal auf

Nichtzyklische Mastalgien treten mehr fokal auf. Sie betreffen oft nur einen Quadranten der Brust. Anders als bei der zyklischen Mastodynie, über die vorwiegend jüngere Frauen klagen, sind typischerweise die «mittelalten» Frauen davon betroffen. Oft manifestieren sich die Beschwerden erst ab dem Alter von 40 oder 50 Jahren. Anatomische Veränderungen und/oder radiologische bzw. histologische Auffälligkeiten findet man bei nichtzyklischen Mastalgien häufiger. Als Ursachen kommen Traumata, inadäquater BH, Mas­titis, Milchgangs­ektasien, Schwangerschaft oder benigne Tumoren in Betracht.

Weder die zyklischen noch die nichtzyklischen Mastalgien waren in Studien mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs assoziiert, berichten Dr. Cornell und Kollegen. Die Schmerzen müssen auch nicht unbedingt aus der Brust selbst stammen. Vor allem ein neu auftretender Schmerz kann auch extramammäre Ursachen haben: Herzerkrankungen, Brustwandsyndrome, muskuloskelettale oder gastrointestinale Erkrankungen.

Zur Diagnostik gehören die Inspektion und Palpation beider Brüste und der regionalen Lymphknoten. Fallen dabei keine palpablen Massen auf, wird man wahrscheinlich auch in der Bildgebung selten etwas finden. In einer Sonografie-Studie mit 110 Frauen, die unter fokalen Brustschmerzen ohne palpable Auffälligkeiten litten, blieben in knapp 80 % der Fälle die Befunde negativ. Etwa 15 % der Frauen hatten Zysten, bei wenigen fanden sich benigne Tumoren, Ödeme oder lokale Flüssigkeitsansammlungen. Bei keiner einzigen ergaben weiterführende Untersuchungen ein Mammakarzinom­.

Nach Überzeugung der Review-Autoren brauchen prämenopausale Frauen mit diffusen zyklischen Brustschmerzen, die klinisch unauffällig sind, keine Bildgebung. Auch die Hormonspiegel zu messen, führt nicht weiter. Treten nichtzyklische fokale Brustschmerzen bei Frauen über 30 Jahre neu auf, sollte sowohl eine Mammografie als auch eine Sonografie durchgeführt werden. Bei unter 30-Jährigen ist die Mammografie aufgrund der hohen Gewebedichte weniger aussagekräftig. Für sie wird der Ultraschall als einziges Verfahren empfohlen.

Brustschmerzen ohne anatomische oder radiologische Veränderungen müssen nicht unbedingt behandelt werden. Die meisten betroffenen Frauen wollen das auch gar nicht – es genügt ihnen zu wissen, dass die Untersuchungsergebnisse negativ waren. Schränken allerdings zyklische oder nichtzyklische Brustschmerzen die Lebensqualität stark ein, sollte man die Patientinnen behandeln, wobei zyklische Schmerzen auf die meisten Therapien besser ansprechen als nichtzyklische.

Vielen hilft schon das Tragen eines Sport-BHs

Zunächst kann man nichtmedikamentöse Optionen versuchen, den Frauen z.B. Stressbewältigungs- und Entspannungsverfahren ans Herz legen. Diese halfen in Studien, das Schmerzniveau zu senken. Viele Patientinnen profitieren nach eigenen Angaben davon, einen gut angepassten stützenden Büstenhalter (z.B. einen Sport-BH) zu tragen. Fraglich ist der Nutzen von Vitamin-Supplementen (Vitamin E und B6), Nachtkerzenöl oder Leinsamen.

Wenn die genannten Massnahmen nichts bringen, können bei starken Schmerzen über kürzere Zeiträume verschiedene Pharmaka eingesetzt werden. In einer randomisierten Studie hat eine topische Therapie mit Diclofenac Brustschmerzen signifikant vermindert. Von den verschreibungspflichtigen Medikamenten gelten Tamoxifen, Danazol (in der Schweiz aktuell nicht mehr registriert) und Bromocriptin als am wirksamsten, zudem wurden sie am besten untersucht. Da aber alle drei zum Teil starke Nebenwirkungen haben, sollte die Patientin im Vorfeld diesbezüglich aufgeklärt und beraten werden.
Tamoxifen wirkt bei bis zu 90 % der Patientinnen
Der selektive Östrogenrezeptor-Modulator Tamoxifen hat in klinischen Studien in einer täglichen Dosis von 10–20 mg hohe Effektivität gezeigt, vor allem bei zyklischen Brustschmerzen. Bis zu 90 % der Patientinnen erfahren eine Linderung der Schmerzen. Zu beachten ist ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien, Endometriumkarzinom und die Abnahme der Knochendichte. Ausserdem ist das Medikament teratogen, verursacht Menstruationsstörungen sowie vaginalen Ausfluss. Die Haardichte nimmt ab und das Körpergewicht zu, was bei einer Nutzenabwägung der Off-label-Therapie berücksichtigt werden sollte.

Als Alternative mit ähnlich guter Wirksamkeit gilt das Antigonadotropin Danazol. Es hat allerdings in der Standarddosis von 100–400 mg/d erhebliche Neben­effekte wie Gewichtszunahme, Menorrhagie und Haarausfall. Um diese zu reduzieren, kann man die Dosis bei Patientinnen, die auf die Standarddosis angesprochen haben, vermindern, ohne allzu sehr an Wirksamkeit zu verlieren.

Bromocriptin (2 x 2,5 mg/d) scheint nicht ganz so effektiv wie Danazol zu sein. Off label kann man es aber versuchen bei Patientinnen, die auf andere Medikamente nicht ausreichend ansprechen, schreiben Dr. Cornell und Kollegen. Auch diese Substanz geht mit Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit einher.Cornell LF et al.

Mayo Clin Proc 2020; 95: 574–580.