Medical Tribune
11. Nov. 2021Therapeutischer Einsatz kann in klinischen Studien nicht überzeugen

Cannabinoide scheitern an Kokainsucht

Für die Kokainabhängigkeit gibt es kaum Therapiemöglichkeiten. Auch die Hoffnung, die man in Cannabinoide gesetzt hat, scheint sich nicht zu erfüllen.

cannabispflanze
iStock/skodonnell

Ob erhöhte Infektionsgefahr, gesteigertes kardiovaskuläres Risiko oder Probleme mit der psychischen Gesundheit: Der Konsum von Kokain ist mit vielen gesundheitlichen, aber auch sozialen Schäden verbunden. Dennoch nutzen weltweit ca. 19 Millionen Menschen die illegale Droge.

Bislang keine wirksamen Optionen bei Kokainsucht

Die steigende Produktion der Substanz lässt erwarten, dass in Zukunft die Zahl der Konsumenten weiter zunehmen wird. Die Therapieoptionen bei Kokainabhängigkeit bleiben dagegen weiter sehr beschränkt. So gibt es aktuell keine Medikamente, um das Craving zu mindern oder einen Rückfall zu verhindern. Für die Behandlung setzt man deshalb vorwiegend auf psychosoziale Interventionen, vor allem die kognitive Verhaltenstherapie.

Cannabinoide werden aufgrund ihres positiven Effekts bei Abhängigkeitserkrankungen als mögliches Therapeutikum bei Kokainsucht sowie zum Schutz vor kokainassoziierten Schäden diskutiert. In einem systematischen Review analysierten nun Dimitri Daldegan-Bueno von den Schools of Population Health and Pharmacy an der Universität Auckland und Kollegen eine Reihe von humanen und tierexperimentellen Studien, in denen man die parallele Anwendung von Kokain und Cannabinoiden untersucht hatte.

Die Ergebnisse waren sehr inhomogen. So zeigten präklinische Tierstudien vorwiegend positive Effekte des zusätzlichen Konsums von Cannabinoiden, wie ein vermindertes Verlangen nach Kokain und einen protektiven Effekt auf kokaininduzierte Toxizität. Dennoch wiesen auch hier die Ergebnisse abhängig vom verwendeten Cannabinoid Unterschiede auf. Tetrahydrocannabinol, der psychoaktivste Bestandteil der Cannabispflanze, potenzierte z.B. kokaininduzierte Erinnerungslücken, minderte aber auch das Verlangen nach Koks. Bei der Verwendung von Cannabidiol, einem nicht berauschend wirkenden Phyto-Cannabinoid, fanden sich hingegen vorwiegend positive Effekte, u.a. eine geringere Rückfallgefahr.

Die kognitive Funktion leidet

Trotz der teils vielversprechenden präklinischen Ergebnisse liessen sich die erwünschten Effekte in klinischen Studien nicht reproduzieren. Vielmehr zeigten sich in diesen Untersuchungen überwiegend nachteilige Effekte wie eine Verschlechterung der kognitiven Funktion sowie der mentalen und allgemeinen Gesundheit. Insgesamt liessen sich also keine Vorteile für Cannabinoide bei Kokainkonsum belegen.

Daldegan-Bueno D et al. Eur Neuropsycho-pharmacol 2021; 51: 106–131; doi: 10.1016/j.euroneuro.2021.06.002.